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Nachhaltig anders sein – KarstadtQuelle-Expertin Alexandra Hildebrandt über authentisches unternehmerisches Handeln

Corporate Social Responsibility (CSR) tangiert zusehends den Mainstream und ist das große Thema der Zukunft – Stichwort Brand Democratisation. Als Bestandteil der Unternehmensstrategie gibt CSR Auskunft über die ökologische und soziale Verantwortung.

Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, sondern frage dich, was du für den Staat und das Gemeinwohl tun kannst“: Das ist eine überaus aktuelle Aussage des US-Präsidenten John F. Kennedys aus den 60er-Jahren. Denn moralische Aspekte gewinnen heute verstärkt an Bedeutung für Marken und PR-Strategien.
Allerdings fehlt den zugehörigen Programmen und Definitionen zuweilen die Überzeugungskraft, weil ihnen das Etikett der Beliebigkeit anhaftet und sie in einer kalten Managementsprache formuliert sind. Ganz abgesehen von den vielen Trittbrettfahrern, die gegenwärtig auf den CSR-Schnellzug aufspringen.

Faktor Glaubwürdigkeit

Wirklich „gewinnen” kann ein Unternehmen nur durch verstärkte Glaubwürdigkeit, die nicht auf Phrasen basiert, sondern auf Menschen, die wissen, wofür sie stehen. Glaubwürdigkeit als zentraler Erfolgsfaktor kann nur durch eine offene Kommunikation erreicht werden, die verständlich und ehrlich Zusammenhänge darstellt und nur das ankündigt, was am Ende auch realisiert wird. Wer etwas sagt, trägt auch Verantwortung für das Wort, durch das moralische Qualitäten sichtbar werden. Glaubwürdigkeit verlangt ebenso das Eingeständnis von Fehlern, denn Veränderungen sind auch mit Irrtümern, Rückschlägen und Korrekturen verbunden.
Zudem besteht ein positiver Zusammenhang zwischen ethischen Standards und gesellschaftlicher Akzeptanz, Produktqualität sowie der Gewinnung guter Mitarbeiter. Deshalb wird künftig kein Unternehmen ohne Werte auskommen. Wenn unternehmerischer Erfolg im Einklang mit positiven Grundwerten der Mitarbeiter und der Gesellschaft erwirtschaftet wird, ist auch die interne und externe Kommunikation umso glaubwürdiger und stabiler. Den einfachsten Weg dorthin beschrieb Johannes Rau so: „Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“ Das heißt auch, dass Moral nur dort Fuß fasst, wo sie auch vorgelebt wird. Abgesehen davon werden Unternehmen, die sichtbar ethisch handeln, von informierten Konsumenten mehr und mehr bevorzugt.

Njet zur „Fassade“

Es reicht nicht, seine Zielgruppen mit einer strahlenden Fassade zu blenden und nach innen CSR-, CR-, CC- oder Nachhaltigkeitsdefinitionen und -Konzepte zu kommunizieren, wenn die dafür Verantwortlichen die Inhalte nicht leben können oder dürfen. Nicht als Mensch mit jeder Faser dahinter stehen. Der Werbeslogan „Da weiß man, was man hat …“ drückt einfach, aber bestimmt aus, was eine Marke leistet: Man weiß sofort, woran man ist. Dadurch entsteht Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Das gilt genauso für einen Menschen mit Persönlichkeit, ohne den keine glaubhafte Unternehmenspolitik möglich ist. Bevor ein Unternehmen seine neuen gesellschaftspolitischen Konzepte und Strategien kommuniziert, sollte es sich auf das Sein statt auf den Schein besinnen und das Vor-Denken und Nach-Denken auch und gerade im Bereich Nachhaltigkeit nicht komplett Externen überlassen, die mit ihm abgestimmte „Wohlfühlpakete“ schnüren, sondern verantwortungsbewusste „Macher“ fest ins Unternehmen holen, die neue Einflüsse einbringen und mit ihm wachsen.

In diesen Zusammenhang gehört die zeitlose Erkenntnis von Willy Brandt: „Nichts kommt von selbst: darum besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit ihre eigenen Antworten will und man auf ihrer Höhe sein muss, wenn Gutes bewirkt werden soll.“ Dazu gehört auch, dass die Engagierten Rechenschaft ablegen müssen über das, was „in ihrer Macht“ (im Sinne von machen) liegt. Wer Aufgaben und dazugehörige Kompetenzen hat, muss diese auch ausführen und bei eventuellen Fehlern für die Folgen einstehen. Die drei Qualitäten, die Max Weber in seiner berühmten Rede über „Politik als Beruf“ (1920) dem Politiker zuschreibt, sollte auch für sie gelten: Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß.
Die Konzentration auf die eigenen Stärken braucht Mut, um in flexiblen, eigenverantwortlichen Strukturen authentisch zu handeln. Will ein Unternehmen erfolgreich sein und mit Veränderungsprozessen und Unsicherheiten sicher umgehen, dann braucht es diesen (Wage-)Mut zum Risiko.

Wer von CSR und Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext spricht, sollte zuerst immer nach den Menschen fragen, die dort diese Bereiche verantworten. Wenn sie nicht authentisch sind und nur Marionetten der jeweiligen Macht sind, haben sie nie die Möglichkeit, etwas zu bewegen.

Devise: Mut zum Risiko

Was sollte sie ausmachen? – Vor allem Mut, sich auf einen Weg einzulassen, der ihnen erst im Gehen vertraut wird. Sie sollten Freude daran haben, immer neue Erfahrungen unter immer neuen Umständen zu machen. Indem sie das Tun dem Wort vorziehen, machen sie zwangsläufig auch Fehler, die sie aber auch als Chance sehen sollten, um kreativ zu bleiben. Durch die ständigen Veränderungen im Unternehmen müssen sie in der Lage sein, sich auf neue Situationen so einzustellen, dass sie etwas davon lernen können. Neue Entwicklungen und Möglichkeiten lassen zu, dass das (Berufs)Leben im Fluss bleibt. Sie sollten das, was sie tun, mit Hingabe machen und lieber auf die Nase fallen, als eine Chance zu verpassen. Wenn sie ihr ganzes (Berufs-)Leben auf der sicheren Seite bleiben würden, hieße das, weiter mit dem zu machen, was sie schon immer so gemacht haben. Die meisten Verantwortlichen, die ich aus diesen Bereichen kenne, denken immer weiter – auch nach Feierabend. Sie machen nicht einfach ihren Job. Arbeit ist ihnen ein echtes Bedürfnis. Sie bringen dann sehr gute Leistungen und dem Unternehmen echten Mehrwert – wenn man sie lässt.

„Nichts verschieben“

Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement braucht Menschen, die nichts auf morgen verschieben, was sie heute erledigen können. Sie scheitern vielleicht öfter als andere und ecken an, weil viele Unternehmensvertreter „rund“ sind, doch die Macher sind stets diejenigen, die immer ganz bei sich selbst sind, weil sie aus dem Scheitern ihre Lektion ziehen. „Einmal versuchen, scheitern. Wieder versuchen, wieder scheitern. Besser scheitern!“ – so heißt es in einem Text von Samuel Beckett. Durch Ausprobieren finden sie heraus, was ihnen und der nachhaltigen Sache gemäß ist. Wer sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beruflich beschäftigt, sollte sich parallel auch über die Nachhaltigkeit im persönlichen und gesellschaftlichen Leben Gedanken machen. Denn nur wer „auf Vorrat“ denken kann, ist auch fähig, nachhaltig zu handeln. Das zeigt einmal mehr, dass es keine Trennung zwischen dem Einzelnen und dem Handel gibt – genauso ist auch Ethik nicht teilbar, wie Hajo Eickhoff und Jan Teunen in ihrem schönen Gestaltungsbuch „Form:Ethik“ bemerken: „Bei allem, was der Mensch tut – ob er als Produzent oder Kunde, als Handwerker, Ökonom oder Gestalter handelt –, er bleibt Mensch. Als Mensch aber kann er nicht ethisch handeln, wenn er gleichzeitig als Produzent unfair und egoistisch handelt. Auch nicht, wenn er als Verbraucher gleichgültig gegenüber seinem Verbrauch ist (…).“

Die Autoren folgen damit dem Rat Gandhis, dass der Mensch die Veränderung, die er in der Welt sehen möchte, selbst sein muss.

von Alexandra Hildebrandt

Zuerst erschienen auf medianet.at
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin.


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