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Jatropha – Segen oder Fluch?

Monheim > Utz Klages ist Unternehmenssprecher der Bayer CropScience AG und hoch erstaunt, welche Resonanz seine Pressemeldung vom 9. Januar ausgelöst hat. Darin hatte sein Unternehmen ein “Memorandum of Understanding” gemeldet: Gemeinsam mit der Archer Daniels Midland Company (ADM) und der Daimler AG will Bayer die Einsatzmöglichkeiten von Jatropha in der Biodieselindustrie erforschen. Die bisher noch nicht kultivierte Wildpflanze Jatropha (Purgiernuss) stammt ursprünglich aus Mittelamerika und gelangte durch portugiesische Seefahrer in Länder Afrikas und Asiens. Das nicht-essbare, winterharte, dürre-tolerante Gewächs gedeiht auf ausgelaugten Böden und benötigt sehr wenig Niederschlag und Dünger. Die Pflanze könnte nach der Überzeugung der Partnerunternehmen eine hervorragende Quelle für erneuerbare Energien sein, da ihre Samen zu über 30 Prozent aus Öl bestehen, 30 bis 40 Jahre lang wirtschaftlich angebaut werden kann und Bodenerosion verhindert. In das Projekt will Bayer seine Erfahrungen als Pflanzenschutzexperte einbringen. Krankheiten und mögliche Schädlinge für die Pflanze Jatropha sind noch nicht erforscht. Entscheidungen über Projektstandorte und lokale Kooperationen wurden bisher nicht getroffen, betont Utz Klages.

Dennoch startete jetzt auf der Website www.regenwald.org eine Protestaktion gegen Bayer und Daimler: Als Projektstandort sei Indien geplant, glauben die Initiatoren. Kleinbauern hätten das Produktionsrisiko zu tragen und seien von ungünstigen Verträgen bedroht. Und die für den Anbau vorgesehenen ertragsschwachen Böden besäßen für die ländliche Bevölkerung wichtige Funktionen als Viehweiden sowie zum Sammeln von Früchten, Medizinalpflanzen und Brennholz. Außerdem sei zu befürchten, dass der Jatropha-Anbau wegen der größeren Rentabilität letztlich doch auf ertragreichere und fruchtbarere Anbauflächen ausgedehnt werde. Dass der Verein Rettet den Regenwald e.V. das Thema Jatropha gerade jetzt aufgreift, hat wohl etwas mit der aktuellen Diskussion über die Verdrängung von Nahrungsmittelpflanzen durch Energiepflanzen und den dadurch mit bedingten Anstieg der Lebensmittelpreise zu tun.

Dieses Problem sieht Utz Klages auch, und gerade deshalb ist er von Jatropha überzeugt. Von der Verwendung einer hochwertigen Nahrungspflanze wie Raps als Energiequelle hält er nichts. Hier seien Alternativen gefragt wie die Nutzung von Biomasse – oder die ungeniessbare und daher als Nahrungsmittel ungeeignete Pflanze Jatropha curcas L. Das geplante Forschungsprojekt wird in einem Zeitfenster von etwa 4 bis 8 Jahren stattfinden und offen kommuniziert werden. Dazu werde in den nächsten Wochen neben der Entscheidung über Projektstandorte auch die Frage nach möglichen weiteren regionalen Partnern wie landwirtschaftlichen Kooperativen, NGO’s oder Regierungsstellen diskutiert. Gestartet werde auf jeden Fall auf kleinem Niveau und überschaubaren Flächen. Wenn Jatropha als Energiepflanze dann eine Zukunft haben soll, wird eine Wertschöpfungskette gebraucht, zu der neben den Landwirten und den Saatgut- und Pflanzenschutzherstellern auch Raffinerien und geeignete Motoren sowie Vertriebsstrukturen (Tankstellen) gehören.

Jatropha gibt ein Beispiel für die auch in Zukunft wichtige ethische Diskussion über die Ressourcenverteilung zwischen Nahrungsmittel- und Energiepflanzen, die alle Verantwortlichen einbeziehen muss – Konsumenten, Produzenten und Regierungen.


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