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Europaweite Studie: Wirtschaftskrise rechtfertigt Korruption

Frankfurt > Jeder vierte Mitarbeiter deutscher Unternehmen hält es angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise für gerechtfertigt, das Geschäft mit Hilfe von Schmiergeldern zu sichern oder anzukurbeln. Jeder fünfte würde dazu auch Geschenke einsetzen. Und nur 5 Prozent sind fest überzeugt, dass ihr Arbeitgeber frei von gravierenden Korruptionsfällen ist. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young unter mehr als 2.200 Beschäftigten in 22 europäischen Ländern. 101 Befragte waren es in Deutschland. Europaweit gehen 55 Prozent der Befragten von einer Zunahme der Wirtschaftskorruption aus; Deutschland liegt mit 59 Prozent sogar über dem Durchschnitt.

Als eine besonders risikobehaftete Situation identifiziert die Studie Entlassungen. Dies liegt nach Überzeugung der Befragten besonders an der damit verbundenen sinkenden Moral (79 Prozent) und der hohen Belastung der Verbliebenen (63 Prozent), die sich dann weniger um die Einhaltung von Compliance-Richtlinien in ihrem Arbeitsumfeld kümmern können. 45 Prozent sehen bei Unternehmensfusionen und –übernahmen ein erhöhtes Korruptionsrisiko und identifizieren auch hierbei Entlassungen als wesentliche Ursache (84 Prozent).

Positiv sticht in der Studie hervor, dass 46 Prozent der deutschen Beschäftigten eine starke Kultur der Integrität und Ehrlichkeit für ihre Unternehmen in Anspruch nehmen– im europäischen Vergleich sind es nur 40 Prozent. Und 43 Prozent der Deutschen vertrauen ihrem Management – gegenüber europaweit 39 Prozent.

Als Instrumente zur Sicherung der Compliance kennen die Befragten in ihren Unternehmen insbesondere interne Revisionen (61 Prozent) und starke Kontrollen (50 Prozent). Der Code of Conduct kommt dagegen nur auf 43 Prozent, der Ombudsmann auf 26, die Whiste-blowing Hotline auf 15, das Anti-Korruptionstraining auf 11 und die Web-basierte Hotline auf 5 Prozent.

„Die hohe Bereitschaft zur Korruption ist wirklich alarmierend“, sagt Stefan Heißner, Partner und Leiter des Bereiches Fraud Investigation & Dispute Services bei Ernst & Young. Deshalb müsse das Compliance-System auf die Risiken der aktuellen Krise ausgerichtet werden. Heißner empfiehlt, die Compliance-Elemente in die Bewertungssysteme der variablen Gehaltsbestandteile einbeziehen. „So kann es beispielsweise Pluspunkte für die Teilnahme an Anti-Korruptions-Schulungen geben. Das erscheint auf den ersten Blick etwas formalistisch, verändert aber auf längere Sicht wirklich das Bewusstsein“, ist Heißner überzeugt.


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