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„Energie 2030“ und die Zukunft der Energieversorgung – ein Interview mit E.ON-Vorstand Christoph Dänzer-Vanotti

Düsseldorf > Unter der Überschrift „Energie 2030“ lädt E.ON zum Dialog ein. Das Unternehmen stellt seine wichtigsten Positionen zur Zukunft der Energieerzeugung und -nutzung in einem Positionspapier und auf seiner Website vor und bietet den Austausch mit einem Expertenteam an. Wichtige Positionen sind: Erneuerbaren Energien gehört langfristig die Zukunft. Aber: Der Ausbau und die Weiterentwicklung entsprechender Technologien braucht Zeit. An Kohle wird kein Weg vorbeiführen, zumal deren Reserven mehrere hundert Jahre lang reichen und in zugänglichen und politisch unbedenklichen Regionen liegen. Die nächsten Jahrzehnte soll daher ein ausgewogener Energiemix bestimmen, zu dem neben Erneuerbaren Energien eine möglichst CO2-freie Kohle- und Gasnutzung und die Kernkraft gehören. Ab 2015 wird der weltweit wachsende Energiebedarf nicht mehr durch Ölförderung gedeckt werden können. Neben alternativen Energieträgern gehört ein sparsamer Umgang mit Energie zur Zukunftsvision von E.ON. Die Energieversorger brauchen für ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung „einen mit der Politik gemeinschaftlich entwickelten, marktwirtschaftlich orientierten europäischen Rechts- und Ordnungsrahmen“, schreibt E.ON. Sicherheit, Klimafreundlichkeit und Bezahlbarkeit sind für das Unternehmen die übergeordneten Ziele bei der Nutzung und Entwicklung von Energieträgern. Über „Energie 2030“ sprach CSR NEWS mit E.ON-Vorstand Christoph Dänzer-Vanotti, der den Themenbereich Corporate Responsibility verantwortet:

CSR NEWS: Energie 2030 beschreibt aus Sicht von E.ON die wichtigsten Leitplanken der Energiezukunft. Wie geht es Ihnen persönlich mit den großen Zukunftsthemen rund um unsere Umwelt: Sorgen Sie sich um die Zukunft unserer Enkel-Generation?

Christoph Dänzer-Vanotti: Würde das Thema Umwelt- und Klimaschutz heute keine Schlüsselrolle in der öffentlichen Diskussion um die Zukunft unserer Erde und der Gesellschaft einnehmen, würde ich mich angesichts der Datenlage rund um den Klimawandel in der Tat um unsere Enkel-Generation sorgen. Doch ich habe den Eindruck, dass das Thema aufgrund der Dringlichkeit des Handelns heute ernsthaft in die Diskussions- und Entscheidungsprozesse von Politik und Wirtschaft einfließt – und die Gesellschaft damit noch eine Chance hat, gegenzulenken und Schlimmeres für unsere Kinder und Enkelkinder zu verhindern.

Übertragen auf die Energiewirtschaft heißt das: Der Klimawandel, der weltweit steigende Energiebedarf sowie die Endlichkeit der fossilen Ressourcen erfordern ein grundsätzliches Umdenken unserer heutigen Form der Energieerzeugung und -nutzung. Unserer Branche steht damit ein fundamentaler Veränderungsprozess bevor. Dabei ist es E.ONs Ziel, diesen Wandel hin zu dezentraleren Strukturen, intelligenten Netzen und Systemen, neuen umweltfreundlichen Technologien sowie auch neuen Strategien und Verhaltensweisen beim Energieverbrauch aktiv zu gestalten und eine Vorreiterrolle innerhalb unserer Branche einnehmen. Zugleich scheuen wir uns nicht davor, auch unliebsame Wahrheiten zu verkünden: Eine Umstellung auf Erneuerbare Energien ist nicht von heute auf morgen möglich. Im Interesse der ökonomischen und sozialen Stabilität unserer Gesellschaft sollten wir an einem breiten Energiemix festhalten, in dem Erneuerbare Energien einen zunehmend großen Platz einnehmen, zu dem aber auch konventionelle Energieträger wie Kernkraft, Kohle und Gas gehören.

CSR NEWS: Energiefragen gehören spätestens seit den 70er Jahren zu den heiß diskutierten Themen in unserer Gesellschaft. Erleben Sie diese Diskussion als fair?

Dänzer-Vanotti: Energiefragen haben insbesondere in den letzten Jahren einen enormen Bedeutungszuwachs in der öffentlichen Diskussion erfahren, der anfangs auch uns Energieversorger überrascht hat. Dabei standen neben dem Klima- und Umweltschutz vor allem die Themen Versorgungs-sicherheit und Preise ganz oben auf der Agenda. Es ärgert mich hierbei jedoch, wie einseitig die öffentliche Diskussion um Energie vielfach geführt wird und wurde, die einmal die Preise, ein anderes Mal den Klimaschutz und dann wieder die Versorgungssicherheit zur obersten Priorität allen Handelns erklärt, statt das notwendige Gesamtbild und die Zusammenhänge zu beleuchten. Denken Sie nur an den Gaslieferstreit zwischen Russland und der Ukraine, als sich in den Medien plötzlich alles um eine mögliche Versorgungskrise drehte, während kurz zuvor nur die Preise im Mittelpunkt standen. Einer solche – nicht nur von den Medien betriebene – einseitige Zuspitzung erlaubt aber keine ernsthafte Diskussion, sondern nur Lagerdenken und Polemik.

E.ON setzt sich deshalb für eine energiepolitische Debatte ein, bei der Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit gleichberechtigt berücksichtigt werden. Denn nur so können wir zu einer ausgewogenen Diskussion sowie letztlich tragfähigen Konzepten für die Energieversorgung der Zukunft kommen.

CSR NEWS: Stehen mächtige Konzerne wie E.ON nicht auch in der Versuchung, ihre wirtschaftliche Macht auszuspielen – etwa im Dialog mit der Politik?

Dänzer-Vanotti: E.ON ist Teil der Gesellschaft und muss seine Überzeugungen und sein Handeln im Dialog mit der Gesellschaft transparent machen. Dazu führen wir das Gespräch auf allen Ebenen – mit der Politik ebenso wie mit Investoren, Medien, Anwohnern, Kunden und nicht zuletzt engagierten Umwelt- und Verbraucherverbänden. Die Politik spielt eine wichtige, aber eben keine isolierte Rolle, und wir wären schlecht beraten, nur auf die Politik zu schielen. Vielmehr geht es uns darum, gesellschaftliche Akzeptanz für unsere Vorstellungen und Ideen zu fördern, indem wir – auch mit dem Mut zu unbequemen Wahrheiten – diese Vorstellungen und Ideen offenlegen, dafür öffentlich argumentieren und so Verständnis und Unterstützung für unsere Positionen schaffen.

CSR NEWS: Sie haben mit „Energie 2030“ nun selbst einen neuen Dialog über die künftige Energieversorgung angestoßen. Was bewirken die bei Ihnen eingehenden Diskussionsbeiträge bei E.ON? Und was möchten Sie bei Ihren Stakeholdern bewirken?

Dänzer-Vanotti: Ziel von „Energie 2030“ ist es einerseits, unsere Vorstellungen in Bezug auf Kernfragen der Energiezukunft transparent zu machen und zu zeigen, wovon wir ausgehen, wofür E.ON steht, was E.ON heute schon tut und wozu wir uns verpflichten. Deshalb werden wir „Energie 2030“ in vielfältiger Form kommunikativ nutzen, um unsere Sichtweisen zu vermitteln und eine Basis für die Verständigung mit unseren Stakeholdern zu schaffen. Zugleich stellen wir mit „Energie 2030“ unsere Positionen aber auch bewusst zur Debatte und wollen sie in der konstruktiven Auseinandersetzung mit unseren Stakeholdern prüfen und weiterentwickeln. Denn „Energie 2030“ versteht sich als Diskussionsbeitrag und nicht „endgültige Wahrheit“ oder Antwort auf alle Fragen.

Seit der Veröffentlichung haben wir dabei bereits eine ganze Reihe interessanter Feedbacks erhalten – teilweise in Form von Fragen, aber auch Meinungen und Kommentaren. Dabei erhielten wir Rückmeldungen nicht nur von interessierten Bürgern oder Investoren, sondern auch von Mitarbeitern des Konzerns, der mit über 93.000 Mitarbeitern eine große interne Öffentlichkeit darstellt. Das Feedback wird von uns sorgfältig gesammelt, aufbereitet und gegenüber dem Management kommuniziert, um dieses aktiv in die laufenden Diskussionsprozesse zu Zukunftsthemen einzubinden.

CSR NEWS: In der Diskussion werden Sie immer wieder der Überzeugung begegnen, dass für einen Konzern doch zu allererst die wirtschaftlichen Interessen zählen und Umwelt- und Zukunftsthemen dahinter zurücktreten müssen. Wie reagieren Sie auf diese Meinung?

Dänzer-Vanotti: In einer Zeit hoher öffentlicher Aufmerksamkeit für Umwelt- und Klimaschutz sowie einer damit einhergehenden fortschreitenden Regulierung lassen sich Umweltthemen und wirtschaftliche Interessen kaum mehr voneinander trennen. Vielmehr ist E.ON aus Markt- und Wettbewerbssicht explizit daran gelegen, seine eigene CO2-Bilanz zu verbessern sowie in grüne Zukunftsmärkte und -technologien zu investieren, um auch in einer veränderten Energiewelt von Morgen einen starken Platz einzunehmen. Aussagekräftigstes Beispiel hierfür sind unsere Investitionen von 8 Mrd. Euro in Erneuerbare Energien bis 2011, wobei hier uns hier insbesondere auf die Bereiche Windenergie, Biomasse sowie seit jüngstem auch Solarenergie als zweiten großen Wachstumstreiber konzentrieren. Daneben engagieren wir uns im Bereich Forschung & Entwicklung, aber auch umfangreich für CO2-freie Kohlekraftwerke/ CCS sowie intelligente Speicher- und Netztechnologien, um bedeutende Zukunftsmärkte – denken Sie nur an das Thema E Mobility – überhaupt Realität werden zu lassen.

CSR NEWS: Vielen Dank!

Weitere Informationen zum E.ON-Dialog im Internet:
www.eon.com/energie2030

Foto: Christoph Dänzer-Vanotti bei einer Projekteröffnung im März in Frankfurt (CSR NEWS)


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