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Globales Wirtschaftsethos keine Sonderethik: Internationale Experten diskutierten in Basel

Basel > Die Weltwirtschaftskrise erfordert ein Weltwirtschaftsethos. Die gegenwärtigen Krisen von der Wirtschaft bis zum Sport belegen: Es geht nicht ohne grundlegende ethische Standards, und diese müssen global sein. Davon zeigte sich der Theologe Prof. Dr. Hans Küng, Präsident der von ihm initiierten Stiftung Weltethos, am Freitag auf einem Symposium der Novartis Stiftung in Basel überzeugt. Das Thema der Veranstaltung „Mit einem neuen Weltwirtschaftsethos aus der Krise?“ beantwortete Küng mit einem klaren Ja. Gesetze allein genügen in einer solchen Situation nicht, ohne das ethische Bewusstsein der Handelnden haben sie keinen Bestand. Wirtschaftliches Handeln brauche aber keine Sonderethik, so Küng. Ethik sei auch kein „Sahnehäubchen auf dem Kuchen“, sondern moralischer Handlungsrahmen des Wirtschaftens.

Mit dem Projekt Weltwirtschaftsethos hatten Küng und eine Arbeitsgruppe der Stiftung Weltethos vor der Weltwirtschaftskrise begonnen. Bei ihrer Arbeit konzentrierten sie sich auf das, was ihnen weltweit in Kulturen und Religionen als konsensfähig erschien. Mit dem im Oktober erstmals öffentlich vorgestellten Manifest für ein Globales Wirtschaftsethos will Küng allen Beteiligten ihre Verantwortung für die Globalisierung der humanen Entwicklung in Erinnerung rufen. „Das Manifest gibt keine Patentrezepte für alle möglichen Einzelfälle des Wirtschaftens, sondern ethische Grundlinien, an denen sich Einzelentscheidungen orientieren“, betonte Küng.

Angesichts weitgehend fehlender globaler Institutionen und eines Mangels an global verbindlichen Spielregeln sieht der Konstanzer Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Josef Wieland das Individuum in einer besonderen Verantwortung. Der Einzelne müsse die Initiative ergreifen, und – um dieses Defizit zu überwinden – den Dialog suchen. Als ein solches Dialogangebot versteht Wieland das Weltwirtschaftsethos: Es sei in Themen aufgegliedert, an denen das Management mit seinen unternehmerischen Entscheidungen ansetzen könne. Dabei richte sich das Ethos an alle – an Arbeitgeber ebenso wie an Gewerkschafter und Nichtregierungsorganisationen – und spriche Werte an, die für den Aufbau der Zivilisation unerlässlich seien.

Das Weltwirtschaftsethos ziele dabei nicht auf das „Anfüllen von Prozessen mit Ethik“, sondern auf ethische Wertorientierungen. Es gehe um die Art und Weise, wie insbesondere die als Top-Manager Verantwortlichen ihr Unternehmen führen, kommunizieren und welche Haltung zum Geschäft sie zum Ausdruck bringen. „Eine Ebene darunter“ gehe es dann um Maßnahmen der Corporate Social Responsibility, um die professionelle Umsetzung ethischer Orientierungen. Dabei müsse Ethik auch eingeübt werden und in die Routine eines Unternehmens einfließen, um „auf Dauer gestellt zu werden“, so Wieland. Ethik entstehe nicht im Schreibzimmer, sondern in der Lebenspraxis. „Nur wenn wir gemeinsame Erfahrungen zulassen und sich ein gemeinsamer emotionaler Raum bildet, an den wir uns gebunden fühlen, entsteht so etwas wie gegenseitige Verpflichtung.“ Bis dahin sei es noch ein weiter Weg, aber zu einer solchen gemeinsamen ethischen Orientierung gibt es laut Wieland keine Alternativen.

Den Vertrauensverlust der Wirtschaft wählte Prof. Dr. Klaus Leisinger, Präsident der Novartis Stiftung, zum Ausgangspunkt seines Statements. Schon vor der Wirtschaftskrise habe die Globalisierung ein diffuses Unbehagen bei vielen Menschen hervorgerufen. Angesichts der Krise vertrauten immer weniger darauf, dass globale Unternehmen im globalen Interesse handeln, und der Ruf nach Regulierungen werde lauter. Unternehmen sehen sich zudem einer Vielzahl gesellschaftlicher Anspruchstellergruppen gegenüber, die alle davon überzeugt seien, ihr Anliegen sei das wichtigste. Zudem seien die unternehmerischen Handlungsfelder sehr komplex und die Verantwortung in der Supply Chain reiche „bis ganz hinten, wo die Bäume gefällt werden“. Leisinger forderte, dass vor allem das TOP-Management seine Hausaufgaben erledige und sich selbst die Fragen beantworte: Was ist unsere Rolle und unsere Aufgabe in der Gesellschaft? Für was wollen wir wem Rechenschaft geben? Wie definieren wir die Weite du die Grenzen unserer Corporate Social Responsibility? Hier seien Ziele und Managementprozesse festzulegen. Und dann brauche es keine „stasimäßige Überwachung“, sondern eine motivierende Unternehmenskultur.

Das „Manifest Globales Wirtschaftsethos. Konsequenzen für die Weltwirtschaft“ wurde von dem United Nations Global Compact, der Novartis Foundation for Sustainable Development, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Stiftung Weltethos herausgegeben, am 1. April dieses Jahres in Tübingen erstunterzeichnet und am 6. Oktober im UN-Hauptquartier in New York der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Es beruht auf der Weltethos-Erklärung des Parlamentes der Weltreligionen von 1993 und wird auf dem nächsten Kongress der Weltreligionen Anfang Dezember im australischen Melbourne diskutiert werden.

Das Globale Wirtschaftsethos zum Download im Internet:
http://www.weltethos.org/pdf_dat/grundwerte-wirtschaft/Globales_Wirtschaftsethos.pdf

Foto: Prof. Dr. Hans Küng im Internet-Livestream (CSR NEWS)


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