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Lidl wirbt mit BSCI-Mitgliedschaft – und wird von Verbraucherzentrale verklagt

Hamburg > Gestern reichte die Verbraucherzentrale Hamburg beim Landgericht Heilbronn eine Klage gegen Lidl wegen unlauteren Wettbewerbs ein. Der Vorwurf: Lidl weist in der Öffentlichkeit auf seine Mitgliedschaft bei der Business Social Compliance Initiative (BSCI) hin, erwecke so den Eindruck von Verantwortungsübernahme in seiner Supply Chain und übertünche mit diesem “Social Washing” die unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei seinen Zulieferern. “Lidl täuscht mit seiner Werbung die Verbraucher. Daher haben wir jetzt Klage wegen der irreführenden Werbung eingereicht”, erklärt Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die Klage wird von der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) und dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) unterstützt. Eine von diesen Organisationen in Auftrag gegebene Untersuchung konzentrierte sich auf vier Firmen in Bangladesch und brachte nach Angaben der Kläger unmenschliche Arbeitsbedingungen ans Licht, die gegen die ILO-Konventionen, gegen den BSCI-Verhaltenskodex und gegen die Selbstverpflichtung Lidls verstoßen.

Von Seiten Lidls war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Eine Unternehmenssprecherin verwies lediglich auf die im Internet unter www.lidl.de (Rubrik Verantwortung) dargestellten Maßnahmen zur Verantwortungsübernahme in der Lieferkette.

Die Verbraucherzentrale richtet ihre Vorwürfe indirekt auch gegen die Business Social Compliance Initiative (BSCI) selbst. Die europäische Unternehmensinitiative habe sich zum Ziel, bestimmte Sozialstandards bei ihren Lieferanten zu erreichen, doch eine Verpflichtung bestehe diesbezüglich nicht. Eine BSCI-Mitgliedschaft verleihe Unternehmen den Anschein fairer Arbeitsbedingungen in ihren Zulieferbetrieben und erfreue sich daher zunehmender Beliebtheit.

Das sieht BSCI-Geschäftsführer Lorenz Berzau anders. Seine Initiative verfolgt einen Entwicklungsansatz. Das heißt: Bei Audits in asiatischen Zulieferbetrieben werden Defizite festgestellt, und dann geht es um die Verbesserung dieser Zulieferer, um das capacity building. Ein reiner Ausschluss von Zulieferern würde deren Mitarbeitern nicht helfen, sondern sie in die Arbeitslosigkeit entlassen. Und ähnliche Probleme würden sich dann an anderer Stelle wiederholen. Mängel werden im Anschluss an die Audits in einem Corrective Action Plan (CAP) erfasst. Es werden die zu treffenden Maßnahmen festgelegt, um diese Mängel innerhalb eines Jahres auszugleichen. Neben den Audits und Schulungen zum capacity building auf verschiedenen Ebenen initiiert die BSCI in den Herstellungsländern Runde Tische, die Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringen sollen.

Über 500 Mitglieder zählt die BSCI. Es gab auch schon Ausschlüsse von Mitgliedern, die sich nicht an die Standards der Initiative gehalten haben, berichtet Berzau, und es gab – aus unterschiedlichen Gründen – Austritte. Wie Unternehmen ihre Mitgliedschaft gegenüber Kunden kommunizieren, darauf nimmt die BSCI selbst keinen Einfluss. Jedoch empfiehlt sie, die Mitgliedschaft nicht zu verschweigen. Und in diesem Jahr will die BSCI selbst in Deutschland ihre Öffentlichkeitsarbeit verstärken – wofür die nun laufende Klage einen weiteren guten Grund liefert.

Weitere Informationen im Internet:
www.bsci-eu.org


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