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Gewinnmaximierung als Nebenprodukt verantwortlichen Unternehmertums – 6. Forum EnviComm eröffnet

Stuttgart > Ist Gewinnmaximierung tatsächlich Kern unternehmerischer Tätigkeit? Diese Frage stellte Thomas Jorberg, Vorstandsvorsitzender der GLS-Bank, bei seinem gestrigen Vortrag auf dem “Forum EnviComm” in Stuttgart in den Mittelpunkt. Die Deckung der Bedürfnisse von Menschen ist Kern unserer unternehmerischen Tätigkeit, ist Jorberg überzeugt. Für sein Haus bedeute dies: die Versorgung von Unternehmen und Haushalten mit Kapital. Der Banker reflektierte dabei die kritische Diskussion zur eigenen Branche und sprach mit Blick auf den Finanzmarkt von “systemisch organisierter Verantwortungslosigkeit”. “Für die Implementierung von Verantwortung sind weitere Entscheidungsgründe außer Risiko, Laufzeit und Zinsen erforderlich”, sagte Jorberg und meinte damit jene Verantwortungsübernahme, die inzwischen auch Großbanken als ein Bedürfnis ihrer Kundschaft entdecken.

Mit einer Vielzahl an Plenumsveranstaltungen und Workshops und rund 30 Gästen begann gestern das von der Unternehmensberatung dokeo initiierte sechste “Deutsche CSR-Forum – Forum EnviComm” im Stuttgarter Haus der Wirtschaft. Die zweitägige Konferenz steht unter dem Motto: Rio wird 18 – Nachhaltige Unternehmensführung von Rio bis Delhi. Der Titel spielt auf die 18 Jahre zurückliegende UN-Konferenz in Rio de Janeiro über Entwicklung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz an – Themen, die heute viel aufmerksamer, öffentlicher und professioneller diskutiert werden als 1992:

Rudolf X. Ruter, Partner der Unternehmensberatung Ernst & Young, forderte die Zuhörer zu einer rechtzeitigen Beschäftigung mit den Kriterien der Nachhaltigkeits-Ratings und Rankings auf. In Bezug auf die CSR-Kommunikation riet er Unternehmen zur Zusammenarbeit mit darauf spezialisierten Profis. “Es geht nicht um das, was Sie meinen und wollen, sondern um das, was Sie kommunizieren”, sagte Ruter. Die Unternehmenskommunikation stehe im Internet vor besonderen Herausforderungen: Hier zähle die Schnelligkeit, diskutiert werde jeweils die zuerst eingestellte Meinungsäußerung und nicht ein an einem Sollmaßstab orientierter Sachverhalt.

In seinem hörenswerten Vortrag forderte Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath vom Fraunhofer-Institut einen Paradigmenwechsel für die unternehmerische Orientierung: Weg von “ein bisschen besser als der Wettbewerb” und hin zum Blick auf den “impact on resources “. Als zentrale Zukunftsthemen identifizierte er Energie, Sicherheit, Umwelt, Gesundheit, Kommunikation und Mobilität. Die wenigsten Unternehmen heute sind wirklich innovativ, meint Spath. Zu viele Firmen denken nur linear und nicht quer und erschließen so keine neuen Märkte. “Erfolg und Wachstum erreicht, wer Regeln in einem Markt neu bestimmt”, sagte der Ingenieurwissenschaftler. Natürlich müssten bestehende Techniken weiter optimiert werden. Es gehe aber auch um die Entwicklung ganz neuer Produkte, die durch ihre Social Responsibility überzeugen.

Seminarveranstaltungen zwischen den Podiumsbeiträgen gaben Gelegenheit zu teils sehr lebendigen Diskussionen. Unter dem Thema “CSR und Marketing” stellte Daiga-Patrizia Kang die mitarbeiterorientierte Philosophie ihres Unternehmens dm drogerie-markt vor, das auf Definitionen zu Nachhaltigkeit und CSR verzichtet und über Mitarbeiter und gesellschaftliches Engagement die regionale “Verheimatung” anstrebt. In Bezug auf dm sagte Kang: “Nachhaltigkeit wird bei uns zum Motiv, zur Intuition und nicht zur Strategie. Kontrovers wurden daneben die von Unternehmensberater Dr. Heinecke Werner vertretene These “Unternehmer sind die besseren Entwicklungshelfer” und die Rolle von Unternehmen, Politik und NGOs in der globalen Welt sowie deren Kooperationsmöglichkeiten diskutiert.

Heute wird auf dem Forum eine seit Januar zur Diskussion gestellte “Stuttgarter Erklärung” verabschiedet werden, in der es dazu u.a. heißt: “Die Herausforderung, Wirtschaft und Gesellschaft an Zukunftsfähigkeit auszurichten, muss die weltfremde Eigenlogik von den Selbstheilungskräften des Marktes und der gemeinwohlfördernden Wirkungen des Eigennutzes ebenso überwinden wie den Glauben an die höhere Einsicht staatlicher Eingriffe und erstickender Regulierungen. In den Unternehmen gilt es, die Kultur der Eigenverantwortung zu stärken, von der moralischen Verantwortung einzelner Führungskräfte zu einem strategischen Wertemanagement im Kern unternehmerischer Tätigkeit zu kommen sowie umwelt- und gesellschaftspolitische Verantwortung transparent, nachvollziehbar und dialogfähig zu machen.”

Weitere Informationen im Internet:
www.envicomm.org

Foto: GLS-Vorstandsvorsitzender Thomas Jorberg (CSR NEWS)


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