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TRYG DEN AF: Kopenhagen, diageo und IHRA fördern Sicherheit im Nachtleben

Kopenhagen > Eine ungewöhnliche Partnerschaft engagiert sich für mehr Sicherheit im Nachtleben der Stadt Kopenhagen: Gemeinsam haben die Stadtverwaltung Kopenhagen, die International Harm Reduction Association (IHRA) und diageo, ein Unternehmen der Alkoholindustrie, das Programm TRYG DEN AF entwickelt. Zu Deutsch: Sicher durch die Nacht. Gestern erhielten die ersten 15 Nachtklub- und Barbesitzer Zertifikate, die ihre Gaststätten als sichere Orte ausweisen.

Kopenhagen ist eine saubere und überwiegend sichere Stadt. Das allerdings gilt nicht für alle Bezirke im Innenstadtbereich. In Gegenden rund um den Hauptbahnhof und an einigen anderen Brennpunkten kam es wiederholt zu Belästigungen und Gewalt. Wesentliche Ursache: Alkohol. Vor drei Jahren wurde dieses Problem zu einem Thema in der öffentlichen Diskussion – und zu einem Türöffner für das nun zwei Jahre alte Projekt TRYG DEN AF.

Dessen Ursprung liegt allerdings nicht in Kopenhagen, sondern in London. Dort haben die gesellschaftpolitisch engagierte IHRA und deren Direktor Gerry Stimson ihren Sitz. Harm Reduction (Schadensminimierung) will IHRA im Umgang mit Alkohol erreichen und setzt dabei nicht auf strikte Abstinenz. Stimson ist überzeugt, dass dabei kein Weg an einer Kooperation mit der Alkoholindustrie vorbei führt. Die Kontaktaufnahme zu dem ebenfalls in London beheimateten Unternehmen Diageo Plc lag nahe. Als die ersten Pläne für gemeinsame Aktionen öffentlich wurden, musste Stimson einiges an Kritik aus den Reihen anderer NGOs und aus der Wissenschaft einstecken. Doch Stimson ist überzeugt: “Was hier in Kopenhagen geschieht, ist ein Beispiel für Europa und darüber hinaus.”

Gemeinsam mit diageo machte sich IHRA auf die Suche nach einer Partnerstadt für das geplante Präventionsprogramm. In Kopenhagen trafen sie auf die öffentliche Diskussion zur Sicherheit im Nachleben und auf eine Abteilung in der Stadtverwaltung, die sich alleine um Sicherheitsfragen kümmert und Interesse an der Kooperation signalisierte. Vor drei Jahren begannen die gemeinsamen Planungen. Am Anfang standen das wechselseitige Verständnis für die unterschiedlichen Arbeitsweisen in einer Verwaltung, einer NGO und in der Industrie und der Aufbau von Vertrauen im Mittelpunkt, sagt Stimson. Dann ging es an die gemeinsame Arbeit und an die Frage, wie auf die Gestaltung der Brennpunkte des Nachtlebens positiv Einfluss genommen werden kann. Für Stimson ist die Stadtplanung ein Schlüssel für den Umgang mit solchen Regionen, auch deshalb sieht er keine Alternative zur Kooperation zwischen der Stadtverwaltung und der Wirtschaft. Bei dem in Kopenhagen entstandenen Programm TRYG DEN AF spielt dabei die Zertifizierung der Gastwirte eine wesentliche Rolle:

Die Programmpartner haben einen Katalog mit 13 Kriterien aufgestellt, den zertifizierte Gastwirte erfüllen sollen. Dazu gehören ein schriftliches und veröffentlichtes Statement zum Ausschank alkoholischer Getränke und zum Umgang mit Drogen, Richtlinien für das Verhalten der Mitarbeiter, geschulte Ersthelfer und eine baulich sicher gestaltete Umgebung. Das Risiko aggressiver Konflikte in den zertifizierten Nachtbars und Kneipen soll so reduziert werden. Als nächster Schritt ist der Aufbau eines eLearning-Programms geplant, das die Mitarbeiter im Konfliktmanagement schult. Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses werden die Gaststätten von Mitarbeitern der Stadtverwaltung besucht, es wird ein Plan zur Umsetzung der Kriterien aufgestellt und dessen Umsetzung kontrolliert.

Mia Lund Örting ist die für dieses Projekt verantwortliche Managerin der Stadtverwaltung. Ihr stellt sich die Herausforderung, die Inhaber der Gaststätten für die Mitwirkung bei TRYG DEN AF zu gewinnen. Ihr Schlüssel zum Erfolg lautet dabei: Beteiligung. “TRYG DEN AF muss zum Programm der Gastwirte werden”, betont Mia Lund Örting. Am Anfang des Projektes gab es zwar Diskussionen zu der Kooperation mit einem Unternehmen der Alkoholindustrie, aber auch die volle Rückendeckung seitens der Politik. Eine Partnerschaft, die auch deshalb wichtig ist, weil diageo einen guten Zugang zu den Gastwirten besitzt.

Denn diageo bringt nicht nur finanzielle Ressourcen in das Programm ein, sondern auch Erfahrungen aus dem Marketing und Wissen über die Zielgruppe. Katrin Saternus ist bei diageo für externe Beziehungen verantwortlich. Ihr ist es besonders wichtig, dass alle Partner mit gleichem Gewicht und in einer offenen Aussprache das Programm mit entwickeln konnten. Am Anfang stand dabei eine klare gemeinsame Zielvereinbarung, und ein laufender Feedback-Prozess unterstützt die Entwicklung der einzelnen Programmschritte. Gegen Ende des Jahres ist als ein nächster wichtiger Schritt eine PR-Kampagne geplant, mit der das Zertifikat der Öffentlichkeit vorgestellt werden wird. Denn wenn Gäste beginnen, gezielt als sicher ausgewiesene Orte zu besuchen, wird sich die Zertifizierung des Kopenhagener Nachtlebens durchsetzen. Besonders freut sich Katrin Saternus, dass in so kurzer Zeit 15 Gastwirte zertifiziert werden konnten. Etwa 50 werden es nach ihren Erwartungen bis zum Jahresende sein. In Kopenhagen besitzen rund 2.000 Unternehmen eine Lizenz zum Alkoholausschank. 150 bis 200 dieser Unternehmen liegen in den als gefährdet eingeschätzten Bezirken. Es gibt also noch etwas zu tun für die Projektpartner von TRYG DEN AF.

Weitere Informationen im Internet (englisch):
http://trygdenaf.dk/english

Foto: Katrin Saternus (links) und Mia Lund Örting bei der gestrigen Verleihung der Zertifikate in Kopenhagen


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Kommentar

  • Diese finde ich für eine außerordentliche Initiative. Besonders im Ausland muss man ja immer informiert werden, welche die sicheren Orte sind. Mein Kompliment!

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