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Schwierige Lage für Kohle und Kraft-Wärme-Kopplung

Von Benno König.

Berlin > Die Aktien der AKW-Betreiber gingen nach dem Koalitionsbeschluss für längere AKW-Laufzeiten am Montag deutlich nach oben, bei Nutzern anderer Energieträger herrschte Katerstimmung. So fürchten kommunale Stadtwerke, die stark auf moderne Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung setzen, durch die Regierungspläne Milliardenverluste. Doch auch im Bereich erneuerbarer Energien wird trotz neuer Förderprogramme mit Einbußen gerechnet.

ENERGIETRÄGER: Der Strom in Deutschland wurde 2009 nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (Ageb) zu 24,6 Prozent aus Braunkohle gewonnen. Es folgten der Atomstrom mit 22,6 Prozent, Steinkohle mit 18,3 Prozent, Erneuerbare Energien mit 15,6 Prozent und Erdgas mit 12,9 Prozent.

ATOM: Die Atomsparten von RWE, Vattenfall, Eon und EnBW sind eindeutig die Gewinner der geplanten AKW-Laufzeitverlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre. Bei den Zusatzeinnahmen gehen die Schätzungen allerdings auseinander. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) rechnet mit 50 bis 60 Milliarden Euro. Das Freiburger Öko-Institut beziffert die Zusatzgewinne der AKW-Betreiber auf etwa 94 Milliarden Euro, von denen nur gut 26 Milliarden Euro vom Staat abgeschöpft würden.

KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG: Der Vorsitzende des Stadtwerke-Verbands 8KU, Albert Filbert, befürchtet einen Verlust für die Kommunen durch längere AKW-Laufzeiten von 4,5 Milliarden Euro. Hintergrund sind drohende Überkapazitäten auf dem Strommarkt. Der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Stephan Weil, erwartet zudem, dass durch die Beschlüsse die Marktmacht der Konzerne zementiert werde. Kritisiert wird auch, dass die Regierung die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung in Frage stellt. In diese Technik der gleichzeitigen Gewinnung von Strom und Heizwärme haben Kommunen stark investiert.

STEINKOHLE: Die Zukunft der Kohlekraftwerke wird im Entwurf für das Energiekonzept der Bundesregierung nur am Rande erwähnt, vor allem in Zusammenhang mit der Erprobung der neuen CCS-Technik für die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid. Klar ist aber, dass ein Weiterbetrieb der Akw, Ausbau erneuerbarer Energien und der Bau zusätzlicher Kohlekraftwerke zu Überkapazitäten führen würde. Die Energieexpertin des Instituts DIW, Claudia Kemfert, fordert daher, Neubauten von Kohlekraftwerken zu verhindern.

BRAUNKOHLE: Wie die Steinkohle gerät auch die Braunkohle in die Zange zwischen Atomstrom und Erneuerbaren. Dies könnte der ostdeutschen Braunkohlewirtschaft Probleme bereiten. Mit dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze rechnet der sächsische Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP).

ERDGAS: Erdgas wird neben konventionellen Kraftwerken in den KWK-Anlagen der Stadtwerke zur Stromerzeugung genutzt. Generell tragen die flexibel steuerbaren Gaskraftwerke dazu bei, witterungsbedingte Schwankungen beispielsweise beim Windstrom auszugleichen. Je größer also der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung ist, ohne dass angemessene Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen, desto größer ist die Bedeutung von Gaskraftwerken.

ERNEUERBARE ENERGIEN: Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) verweist auf 15 Milliarden Euro zusätzliche Fördermittel für erneuerbare Energien und für mehr Energieeffizienz. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) befürchtet jedoch, dass dies Wettbewerbsnachteile durch vermehrten Atomstrom nicht aufwiegt. “Jede Laufzeitverlängerung verschärft den Systemkonflikt zwischen konventionellen und erneuerbaren Energien”, warnt der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Umweltfragen, Martin Faulstich. Hintergrund ist, dass Atomkraftwerke nicht flexibel auf Schwankungen bei den Erneuerbaren reagieren können.


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