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Schwere Vorwürfe gegen christliche Gewerkschaft

Duisburg > Gegen einen Mitgliedsverband des Christlichen Gewerkschaftsbundes erhebt das ZDF-Magazin „Frontal21“ schwere Vorwürfe: Der in Duisburg ansässige Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD) soll Teil einer „Allianz der Ausbeutung“ gewesen sein, berichtete das Fernsehmagazin am 8. März. „Frontal21“ bezieht sich auf eine dem Sender zugespielte Liste mit 1.500 Personen, die überwiegend als Zeitarbeiter in Unternehmen der Dortmunder Artos-Gruppe tätig und zugleich Mitglieder der BIGD gewesen sein sollen. Die Mitgliedschaften seien durch den Arbeitgeber zustande gekommen, der bei Neueinstellungen gemeinsam mit den Arbeitsverträgen eine Mitgliedserklärung der Gewerkschaft vorgelegt habe. Die meisten Betroffenen hätten nicht bemerkt, dass sie Mitglied der Gewerkschaft wurden. Der Mitgliedsbeitrag in Höhe von sechs Euro sei auf der Lohnbescheinigung als Sachbezug ausgewiesen worden. Besonders brisant: Die BIGD habe mit der Artos-Gruppe Haustarifverträge mit extrem niedrigen Löhnen vereinbart. Der Einstiegsstundenlohn habe bei fünf Euro gelegen und hätte in Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit nochmals um 30 Cent reduziert werden können. „Das dürfte die härtesten Arbeitgeberwünsche erfüllen, die in der Branche denkbar sind“, sagte der Arbeitsrechtler Prof. Peter Schüren (Münster) in der Sendung.

Christliche Gewerkschaft ein Fall für den Staatsanwalt?

In der verdeckten Mitgliedergewinnung der Artos-Gruppe für eine Gewerkschaft, mit der das Unternehmen einen Tarifvertrag abschloss, könnte eine Straftat liegen. „Der Arbeitgeber, der so etwas planmäßig macht und nicht nur in einem Einzelfall, der betrügt gewerbsmäßig“, sagte der Dortmunder Wirtschaftsstrafrechtler Prof. Tido Park in der Sendung. Gewerkschaftsfunktionäre, die sich wissentlich daran beteiligten, machten sich der Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug oder der Mittäterschaft schuldig. „Dann wären die christlichen Gewerkschaften ein Fall für den Staatsanwalt“ – mit dieser Aussage endete der Beitrag von „Frontal21“. Der Pressesprecher der Duisburger Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch, teilte auf idea-Anfrage mit, dass bisher keine Anzeige gegen die christliche Gewerkschaft vorliege.

BIGD: Alle Mitglieder waren informiert

Der Geschäftsführer der BIGD, Detlef Lutz, bestritt gegenüber idea die Möglichkeit, dass Zeitarbeiter ohne ihr Wissen als Mitglieder seiner Gewerkschaft geführt worden seien: Jedes neue Mitglied habe ein Begrüßungsschreiben erhalten. Als es darauf erstaunte Reaktionen der Angeschriebenen gab, sei der BIGD dazu übergegangen, diesen Schreiben einen Mitgliedsantrag beizulegen und die Mitgliedschaft nur dann anzunehmen, wenn auch dieser Antrag unterschrieben zurückgesandt wurde. Aktuell gehöre kein Artos-Mitarbeiter zu den Mitgliedern seiner Gewerkschaft. Der sehr niedrige Stundenlohn von rund fünf Euro sei als „Kombilohn“ für die Eingliederung schwer vermittelbarer Arbeitsloser bestimmt gewesen. Für diese Personengruppe seien zusätzliche Sozialleistungen und eine Sozialbetreuung geplant gewesen. Als herauskam, dass Artos diesen Lohn auch mit anderen Arbeitnehmern vereinbarte, habe sich die BIGD dagegen gewehrt und den Tarifvertrag bereits 2006 gekündigt. „Ein existenzsichernder Lohn beginnt bei elf Euro“, sagte Lutz. Seine Gewerkschaft trete für einen gesetzlichen Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche ein.

„Wir sind nicht käuflich“

Die Bundesgeschäftsführerin des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB), Anne Kiesow (Berlin), bedauerte gegenüber idea den für ihren Dachverband eingetretenen Imageschaden. Es handele sich um einen Vorgang in einem Mitgliedsverein. Das in der Sendung geschilderte Verhalten werde vom CGB nicht akzeptiert. Der Verband stehe ganz auf Arbeitnehmerseite. Kiesow: „Wir sind nicht käuflich.“ Der CGB umfasst 16 gewerkschaftliche Organisationen und ist mit etwa 300.000 Mitgliedern der kleinste der drei Gewerkschaftsdachverbände in Deutschland. Er war zuletzt im Dezember durch ein höchstrichterliches Urteil zu der von einigen seiner Mitglieder gebildeten Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen in die öffentliche Kritik geraten. Die Tarifgemeinschaft habe mit der Zeitarbeitsbranche „Dumping-Löhne“ vereinbart, lautete der Vorwurf. Das Bundesarbeitsgericht sprach der christlichen Tarifgemeinschaft die Tariffähigkeit ab. Sie darf künftig keine Tarifverträge mehr abschließen.


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