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Warum stiften Unternehmer? Deutscher Stiftungstag eröffnet

In Stuttgart wurde heute der Deutsche Stiftungstag eröffnet. Ein erstes Forum beschäftigte sich mit der Frage, warum Unternehmer stiften. Eine Antwort lautete: Sie tun es auch für sich.

Stuttgart > Den 18.000 selbständigen Stiftungen in Deutschland stehen 2,6 Millionen Unternehmerfamilien gegenüber. Unternehmer kommen also ganz gut ohne Stiftungen aus, sagte Wolf Schmidt, Gründer und Inhaber von PhiPolisConsult (Hamburg). Allerdings erzielten nur 12.000 Unternehmerfamilien einen Umsatz von über 50 Millionen Euro und kämen damit besonders als Stifter in Frage. „Unternehmer sind die heimlichen Geldgeber Deutschlands“, das laufe allerdings über Spenden und weniger über Stiftungen, sagte Schmidt, der am 11. Mai auf dem Deutschen Stiftungstag in Stuttgart über die Motive von Stiftern sprach „Im Kern handelt es sich immer darum, nicht nur mit dem eigenen Unternehmen am Markt Geld zu erwirtschaften“, so Schmidt. Es gehe um Kreativität und Verantwortungsübernahme. Wer den eigenen Lebensentwurf erfolgreich auf die gesellschaftliche Bühne bringen wolle, für den seien Geld und Erfolg nur ein Zugang.

Unternehmer eher Stifter als Ehrenamtler

Wer für das eigene Lebens mehr als Business und Luxusleben suche, für den biete sich zudem die neue Form des Social Entrepreneurship, die soziales Engagement und unternehmerisches Geschick verbinde. Klassisches Ehrenamt vertrage sich nicht so gut mit dem für Unternehmer typischen Autonomiestreben, darauf passe allerdings das Modell der Stiftung. Sicher ließen sich Unternehmer, wie andere Menschen auch, von Armut und Krankheit rühren. Aber: „Dass Unternehmer altruistisch sein können, finde ich keine spannende Botschaft.“ Die beiden Haupterwartung von Stiftungsgründern lauten: Schaffung einer sinnvollen Aufgabe und Erhöhung der persönlichen Zufriedenheit. Die Erfahrungen von Kompetenz und Autonomie seien dazu wichtig, Einkommen habe nur einen begrenzten Effekt auf Lebenszufriedenheit.“Zu teilen und zu helfen gehören zum Erfolgsrezept der menschlichen Evolution“ , sagte Schmidt.

Stiften eher Regel als Ausnahme

Bei einer Podiumsdiskussion unter dem Thema „Gemeinwohl im unternehmerischen Lebensentwurf sagte Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen (München): „Für die Unternehmerfamilien mit größerem Umsatz ist das Stiften eher die Regel als die Ausnahme.“ Nahezu jeder Unternehmen in einer bestimmten Größenordnung denke über das Gründen einer Stiftung in einem Bereich nach, der ihm selber vertraut sei. Häufig seines dies Themen aus dem Umfeld des Unternehmens. Familienunternehmer verbinde, dass sie in ihrem Unternehmen und auch in ihrer Stiftung ihre Persönlichkeit und ihre Familientradition stark einbrächten. „Damit verbunden sind eine enorme Nachhaltigkeit und eine hohe Effizienz, so Heidbreder.

Unternehmerstiftungen brauchen Unabhängigkeit

Für eine ausreichende Kapitalausstattung der Stiftungen sprach sich Josef X. Baumeister aus, Vorstandsvorsitzender der Frank Hirschvogel Stiftung (Denklingen). „Die Selbständigkeit gegenüber dem Unternehmen hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun.“ Es müsse eine Trennung zwischen Unternehmen und Stiftung erreicht werden. Ise Bosch, Gründungsstifterin von filia. die Frauenstiftung (München) sagte, Stifter könnten in Bezug auf Investitionen von Unternehmen lernen. Ein Schwachpunkt von Stiftungen sei, dass sie häufig nebenher betrieben würden.

Vorbild in der eigenen Familie sein

Ann Kathrin Linsenhoff, stellvertretende Vorsitzende von UNICEF Deutschland (Kronberg i.Ts), will mit ihrem Stiftungsengagement ihren Kindern ein Vorbild sein. Es werde Zuhause viel über Themen der Stiftungsarbeit gesprochen und auch zwei ihrer Kinder hätten sich bereits im Ausland engagiert. Stiftungen müssten in die nächste Generation übergehen können. Im Stiftungsengagement könnten Stifter zudem eine eigene Identität entwickeln.

Werte sind unteilbar

Philipp Daniel Merckle, Stifter und Vorstand von WORLD IN BALANCE, sagte: „Als Unternehmer ist man Mensch und sollte es auch bleiben können.“ Unternehmer seien ein Teil der Gesellschaft und wer solle die Gesellschaft gestalten, wenn nicht der Unternehmer. Unternehmer müssten in ihrem Arbeitsumfeld darum kämpfen, ihre Verantwortung in ihrer Unternehmensführung auszudrücken. Eine in einer Stiftung separierte Verantwortungsübernahme sei gut, wichtig sei es aber, den Menschen in einem Unternehmen Werte vorzuleben. Familienunternehmer könnten in Bezug auf ihre Werte im Unternehmen nicht anders handeln als im Umgang mit den eigenen Kindern. Der frühere Verantwortliche für die ratiopharm-Gruppe will dies jetzt in einer eigenen Stiftung umsetzen. Unternehmer und Stifter sollten sich vergewissern, für welche Werte sie stehen, sagte Merckle.

Deutscher Stiftungstag

Der heute in Stuttgart eröffnete Deutsche Stiftungstag des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen ist der größtem europäische Stiftungskongress und bietet bis zum 13. Mai den mehr als 1.600 Teilnehmern über 80 Veranstaltungen.

Foto (von links): Sophia Ungers, Vorstand der Stiftung UAA Ungers Archiv für Architekturwissenschaft (Köln), Ann Kathrin Linsenhoff und Moderatorin Kathrin Succow, Geschäftsführender Vorstand der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung (München)


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