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Sind unternehmerische Gewinne und gesellschaftliche Verantwortung vereinbar?

Für Unternehmen besteht eine grundlegende Herausforderung darin, Konfliktfelder zwischen Gewinn und Moral zu erkennen und nach Möglichkeiten zu versuchen, diese langfristig aufzulösen. Schaffen Unternehmen dies nicht, so wirkt sich dies nachteilig auf die Reputation und damit auf die Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg aus. Entscheidend ist für Unternehmen, dass ihre unternehmerischen Entscheidungen und die daraus resultierenden Gewinne langfristigen Nutzen für die Gesellschaft bringen.

München > Die Nachhaltigkeitsberichte der letzten Monate haben es erneut gezeigt: Unternehmen sehen zwar ihre Verantwortung innerhalb der Gesellschaft, haben allerdings sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sich diese ausdrückt. Einige Antworten will das aktuelle Diskussionspapier „CSR – eine Investition in den langfristigen Unternehmenserfolg?“ des Roman Herzog Instituts geben. Gegenüber CSR NEWS erläutert Autor Prof. Dr. Nick Lin-Hi seine Thesen.

Unternehmen geben Versprechen gegenüber ihren unterschiedlichsten Stakeholdern, den Kunden genauso wie Lieferanten und Mitarbeitern. Diese zu halten, ist Kern der Corporate Social Responsibility. Es sind die Maßnahmen, die geeignet sind, die gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern und zugleich unternehmerische Erfolge zu fördern. Es sind nicht die Wohltaten, diese gehören zum Marketing eines Unternehmens und ersetzen nicht verantwortliches unternehmerisches Handeln, vor allem dann nicht, wenn sie Probleme im Kerngeschäft überdecken sollen. Lin-Hi: „Unternehmen müssen einen Weg finden, mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung umzugehen. Können sie ihre unternehmerische Tätigkeit nicht begründen, laufen sie Gefahr ihre ‚Licence to operate’, ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu verlieren“. Ein sinnvolles CSR-Verständnis behandelt gleichzeitig gesellschaftliche und unternehmerische Interessen. Lin-Hi: „Die hier bestehenden Konflikte lassen sich nicht immer vollständig auflösen. Gleichwohl hat die Gesellschaft einen Anspruch darauf, dass durch die Tätigkeit des Unternehmens kein Schaden gegenüber Dritten entsteht. Dies gilt ganz besonders bei elementaren Grundrechten wie beispielsweise den Menschenrechten“.

Für Unternehmen besteht eine grundlegende Herausforderung darin, Konfliktfelder zwischen Gewinn und Moral zu erkennen und nach Möglichkeiten zu versuchen, diese langfristig aufzulösen. Schaffen Unternehmen dies nicht, so wirkt sich dies nachteilig auf die Reputation und damit auf die Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg aus. Lin-Hi: „Für Unternehmen besteht die Verantwortung darin, problematische Formen der kurzfristigen Gewinnerzielung zu erkennen und zu vermeiden“. Dabei ist die Gewinnerzielung für Lin-Hi grundsätzlich schon ein Bestandteil unternehmerischer Verantwortung, allerdings nicht in jeder Form. Lin-Hi: „In der Realität lässt sich durchaus beobachten, dass Gewinne auch auf problematische Weise erzielt werden. Entscheidend ist für Unternehmen, dass ihre unternehmerischen Entscheidungen und die daraus resultierenden Gewinne langfristigen Nutzen für die Gesellschaft bringen. Eben dies setzt eine verantwortliche Organisation der Wertschöpfung voraus“. Da die Erzielung von Gewinnen oftmals moralisch problematisiert wird, bildet sich in der Gesellschaft ein falsches Verständnis von Unternehmensverantwortung. Lin-Hi: „Dies resultiert aus dem allgemeinen Verständnis von Moral, die in der deutschen Gesellschaft oft mit Verzicht verbunden wird. Ein Verzicht auf Gewinn würde aber die Existenz eines Unternehmens sowie dessen gesellschaftliche Funktion gefährden und dazu führen, das verantwortlich handelnde Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und nur die Akteure verblieben, die weniger oder gar nicht verantwortlich wirtschaften“.

Die Konsequenzen unternehmerischer Entscheidungen in ihrer Gesamtheit zu antizipieren, ist wesentlicher Bestandteil eines guten CSR-Managements. So lässt sich der Verlust von Reputation und damit von Vermögenswerten vermeiden. Allerdings lassen sich Konfliktfelder im unternehmerischen Alltag nicht immer leicht erkennen, und so ist es zuweilen schwierig zu bewerten, wo problematische Formen der Gewinnerzielung beginnen. Zur Sicherheit sollten sich Unternehmen an Mindeststandards orientieren, die es einzuhalten gilt. Lin-Hi: „Unternehmen sollten immer bessere Mindeststandards als ihre Wettbewerber haben. Der so entstehende Wettbewerb im Sinne eines ‚Race to the top‘ führt dann zu immer neuen Anpassungen“. Mindeststandards sind eine Art Grundsicherung zur Entschärfung von Konfliktfeldern, ein Weg um problematische Gewinne zu vermeiden. Ist CSR nun eine langfristige Investition in den Unternehmenserfolg? Lin-Hi: „Eindeutig ja, Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit nicht verantwortlich organisieren und umfassend begründen können, werden langfristig keinen Erfolg haben. Dies gilt alleine schon im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Für Top-Absolventen gehört heute das gesellschaftliche Ansehen eines Unternehmens mit zu den entscheidenden Kriterien bei der Wahl ihres zukünftigen Arbeitgebers“.

Die Broschüre „CSR-Eine Investition in den langfristigen Unternehmenserfolg?“ kann beim Roman Herzog Institut angefordert werden, steht aber auch zum Download zur Verfügung.


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