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Das Leid der Energieversorger mit der Nachhaltigkeit

Beim Thema Klimaschutz steht kaum ein Wirtschaftszweig so im Fokus der Öffentlichkeit wie die Energieversorger. Zwischen gesetzlichen Anforderungen und Erwartungen der Verbraucher scheint die Branche noch keine Balance gefunden zu haben. Mehrere Studien beschäftigen sich mit der Nachhaltigkeit im Energiesektor.

München/Frankfurt >  Beim Thema Klimaschutz steht kaum ein Wirtschaftszweig so im Fokus der Öffentlichkeit wie die Energieversorger. Zwischen gesetzlichen Anforderungen und Erwartungen der Verbraucher scheint die Branche noch keine Balance gefunden zu haben. Mehrere Studien beschäftigen sich mit der Nachhaltigkeit im Energiesektor.

Rund ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen entfallen auf die Stromerzeugung. Dies wird sich nicht so schnell ändern, den Bemühungen zur Reduktion der Emissionen steht ein ständig steigender Energieverbrauch gegenüber. Das Geschäft mit der Energie ist beachtlich, alleine die fünf größten europäischen Energieversorger erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 370 Milliarden Euro.

Vorweggehen heißt Herausforderungen annehmen, überschreibt RWE seinen aktuellen Nachhaltigkeitsbericht. Nachhaltigkeit gehört inzwischen zweifelslos zu den Schlüsselthemen der Branche. Ob Strategien und Bekenntnisse auch tatsächlich zu nachhaltigem Handeln führt, hat die Ratingagentur oekom aktuell untersucht. Ein Ergebnis: Beim Klimaschutz mangelt es nach wie vor an ambitionierten Zielen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Problematisch ist, dass einige Energieversorger weiterhin stark auf den Ausbau der Atomenergie und auf wenig ausgereifte Verfahren wie die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 (CCS) setzen. Positiv bewertet oekom dagegen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Energieumwandlung sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. „Ein wirklicher Ruck ist hier aber noch nicht durch die Branche gegangen“, sagt Susanne Marttila, Branchenanalystin bei oekom. „Viele Unternehmen halten noch zu stark an alten Strukturen und konventionellen Energieträgern fest. Zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Anpassungen der Netze sollten die Konzerne aber neue Wege gehen“. In der aktuellen Analyse hat oekom 154 Unternehmen aus mehr als 20 Ländern untersucht. Davon konnten sich nur 51 für ein umfassendes Rating qualifizieren, 103 Unternehmen zeigten zu wenig Ansätze einer Nachhaltigkeitsstrategie oder zu wenig Transparenz. Letztlich wurden 20 Unternehmen mit dem Prime Status ausgezeichnet, darunter kein deutsches Unternehmen, RWE und E.ON erreichten nur die Plätze 31 bzw. 42. Die besten Platzierungen mit der Note B erreichten der brasilianische Konzern EDP, der französische Versorger Suez und das portugiesische Unternehmen Energias de Portugal. Die wichtigsten Themen bei der Bewertung waren, neben dem Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien, die sichere Energieversorgung, ein faires Wirtschaftsverhalten, die Sicherheit der Mitarbeiter und der umweltverträgliche Betrieb von Anlagen.

In welchem Umfang die nationalen Energieversorger CSR-Stratgien verfolgen und wie diese von den Kunden rezipiert werden, hat das  Marktforschungsunternehmen trend:research in der Studie „CSR und Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft“ untersucht. Danach setzt sich ein Großteil der Branche mit Fragen zur Nachhaltigkeit auseinander, aber nur die Hälfte setzen konkrete CSR-Maßnahmen um. Ein Fazit der Studie: Bisher sind CSR und Nachhaltigkeit vorwiegend Marketinginstrumente für die Meinungs- und Imagebildung in der Öffentlichkeit. Dies ergibt sich bei genauerer Betrachtung der tatsächlich durchgeführten CSR-Aktivitäten. Hauptsächlich werden Maßnahmen im Bereich Arbeit und Beschäftigung durchgeführt, zudem werden unter CSR vor allem auch die Projekte im Bereich Sponsoring genannt. Insgesamt ergeben sich im Bereich Nachhaltigkeit noch viele Handlungsfelder, damit Nachhaltigkeit ein Bestandteil des Kerngeschäfts wird“, so die Autoren der Studie. „Bedeutend ist, das Unternehmen mit einem ganzheitlichen CSR-Ansatz agieren, der für alle Beteiligten transparent und evaluierbar ist“.

Dass Nachhaltigkeitskommunikation eine Herausforderung für die Energieversorger bleibt, schlussfolgern auch die Autoren der Studie „Nachhaltige Energieversorgung 2011/2012“ der Managementberatung BearingPoint. Im Fokus der Untersuchung standen die Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen und ihre Wahrnehmung durch die Konsumenten. Zwar kommunizieren demnach fast alle der untersuchten Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit, meist aber am Verbraucher vorbei. Nachhaltigkeitsberichte von Energieversorgern genießen deshalb nur eine geringe Glaubwürdigkeit, gleichwohl bleibt festzustellen, dass nur wenige auch solche Berichte lesen, wie die Studie ebenfalls ermittelte. Ein Grund für das mangelnde Vertrauen in die Angaben der Unternehmen ist die unterschiedliche Erwartungshaltung. Während die Versorger meist ihr soziales Engagement in den Mittelpunkt stellen, interessieren sich Verbraucher eher für Antworten auf aktuelle Fragestellungen zur Energieversorgung und -sicherheit. Jens Raschke, Partner bei BearingPoint: „Es müssen längst nicht mehr nur das Management, Investoren und Gesetzgeber mit einer nachhaltigen Ausrichtung überzeugt werden. Auch der Verbraucher achtet auf ein umfangreiches Angebot an erneuerbaren Energien, Sicherheit und umweltfreundliche Prozesse im Portfolio seines Versorgers. Wer mit den Verbrauchern in den Dialog treten will, muss seine Kommunikation entsprechend anpassen“.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das 2. Greenpaper der Kommunikationsberatung fischerAppelt advisors. Die Autoren untersuchen, wie Unternehmen darauf reagieren, dass Energie- und Klimaschutzfragen zunehmend die öffentliche Agenda bestimmen. Neben anderen Branchen wurden auch die Energieversorger einer Analyse unterzogen. Diese Branche befindet sich in einem Trilemma, wie die Autoren schlussfolgern: „Die drei Ziele Umwelt- und Klimaschutz, die Gewährleistung unbedingter Versorgungssicherheit sowie die Erwartungen der Verbraucher an einen niedrigen Energiepreis sind Ziele, die zum Teil erheblich miteinander konkurrieren“. Als Fazit der Studie haben die Autoren sieben Erfolgsfaktoren für ein überzeugendes Energie- und Klimaprofil abgeleitet, mit dem einerseits das Risiko des „greenwashing“ vermieden werden soll, die Unternehmen andererseits aber auch kein Understatement betreiben. Als wesentlich lässt sich Klarheit und Transparenz nennen. Unternehmen sollten demnach ihre Ziele aber auch bestehende Probleme klar benennen, den Nutzen aufzeigen und mit Beispielen belegen und vor allem die Vision und Faszination technologischer Lösungsansätze vermitteln und vorleben.


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