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Ethisch korrekt von der Krise profitieren – Nachhaltigkeitsbanken gewinnen Kunden

Der Euro-Raum steckt in der Schuldenkrise, die Banken in der Vertrauenskrise. Unsichere Zeiten sind gute Zeiten für Banken mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie wachsen zweistellig und haben im Zuge der Euro-Krise Rekordmarken erreicht. Der Zuspruch für die Institute rührt von einem neuen Anlegerverhalten: Verbraucher wollen genauer wissen, was ein Kredithaus mit ihrem Geld macht.

Von Caroline Biehl

Frankfurt am Main > Der Euro-Raum steckt in der Schuldenkrise, die Banken in der Vertrauenskrise. Unsichere Zeiten sind gute Zeiten für Banken mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Sie wachsen zweistellig und haben im Zuge der Euro-Krise Rekordmarken erreicht. Der Zuspruch für die Institute rührt von einem neuen Anlegerverhalten: Verbraucher wollen genauer wissen, was ein Kredithaus mit ihrem Geld macht.

“Profitieren – ja, das kann man so sagen”, sagt Sylke Schröder. Sie ist Vorstandsmitglied der Ethikbank, einer ethisch-ökologischen Direktbank. Der Kundenzulauf des Instituts in Eisenberg in Thüringen, das sich in seinen Geschäften strengen sozialökologischen Vorschriften unterwirft, hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände erreicht.

Zwar sei die Bank mit einem aktuellen Bilanzvolumen von 130 Millionen Euro und knapp 15.000 Konten noch “eine sehr kleine Bank”, sagt Schröder. Binnen Jahresfrist bedeuteten diese Zahlen aber 20 Prozent mehr Vermögen und bis zu 38 Prozent mehr Konten.

Das Wachstum der Ethikbank liegt damit im Vergleich zu anderen europäischen Nachhaltigkeitsbanken im Durchschnitt. Sozialbanken seien “die großen Gewinner der Krise”, analysiert Roland Benedikter vom Europe Center der Stanford-Universität. Die nachhaltigen Kredithäuser in Europa seien zuletzt pro Jahr um mehr als 20 Prozent gewachsen und hätten ihre Einlagen zwischen 2007 und 2010 verdoppelt. “Die Krise wandelte Sozialbanken von Nischen-Instituten zu großen, öffentlich sichtbaren Spielern”, schreibt Benedikter in einem Aufsatz.

Das Weltgeschehen spielt ihnen zu. Die Finanzkrise, die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, die Atomkatastrophe von Fukushima, die Occupy-Bewegung, all das treibt kritische Anleger zu Banken mit Nachhaltigkeitsfokus. “Die Sinnhaftigkeit einer Anlage” spiele für Kunden eine zunehmende Rolle, sagt der Vorstandschef des Forums für nachhaltige Geldanlagen (FNG), Volker Weber. Auch habe die Glaubwürdigkeit herkömmlicher Institute zuletzt gelitten. Aktuell zählen die nachhaltigen Banken in Deutschland rund 200.000 Kunden. Ihre Kundeneinlagen summierten sich laut FNG Ende 2010 auf knapp 40 Milliarden Euro.

Den monetären Vergleich mit der konventionellen Konkurrenz bestehen die Institute damit nicht. Die Bilanzsumme der Deutschen Bank beispielsweise lag im dritten Quartal dieses Jahres mit 2282 Milliarden Euro in ganz anderen Sphären als die der Ethikbank und deren nachhaltigen Wettbewerbern wie GLS-Bank (1,85 Milliarden Euro Ende 2010) oder Umweltbank (1,86 Milliarden Euro).

Und doch haben die Institute mit Nachhaltigkeitsfokus ihre große Konkurrenz auf Spur gebracht. Fast jede konventionelle Bank hat mittlerweile Produkte im Portfolio, die sich als “nachhaltig” bezeichnen. “Ich denke schon, dass die Banken versuchen, das Spektrum auch in Zukunft abzudecken”, sagt Social-Banking-Experte Mirko Bendig vom Beratungsunternehmen Evers & Jung. Laut Sustainable Business Institute gibt es aktuell in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehr als 360 Publikumsfonds, die versprechen, Geld ökologisch, ökonomisch und sozial korrekt anzulegen.

Nur, was bedeutet das im Einzelfall? Ein einheitlicher Standard, wann eine Anlage als “nachhaltig” zu bezeichnen ist, existiert nicht. Es bestehe die Gefahr des “Greenwashings”, warnt Weber.

Von den ethischen Banken standardisiert sich deshalb jede selbst und macht Kriterien für ihre Geschäftstätigkeit öffentlich. Transparenz sei den Kunden wichtig, sagt Ethikbank-Vorstand Schröder, “aber uns selber ist das auch wichtig”. Regelmäßig lasse sich ihr Institut deshalb von Wirtschaftsprüfern kontrollieren, ob es sich an die eigenen Ansprüche halte – ob es beispielsweise nicht in Rüstung, Atomkraft oder ozonzerstörende Chemikalien investiert. Gefunden hätten die Prüfer bisher nichts.


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