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Wirtschaftsethiker zum Fifa-Sponsoring: So kann es nicht weitergehen

Die Korruption auf höchster Ebene des Weltfußballverbandes ist durch Ermittlungen in der Schweiz amtlich. Dass der langjährige Fifa-Präsident João Havelange und sein damaliger Schwiegersohn Ricardo Teixeira für die Vergabe von Marketingrechten Bestechungsgelder entgegennahmen und der heutige Präsident Sepp Blatter davon wusste und schwieg, kann die Sponsoren des Weltfußballverbandes nicht unberührt lassen. Das Sponsoring der Fifa kann so wie bisher nicht weitergehen, betonten Wirtschaftsethiker und Compliance-Experten gegenüber CSR NEWS.

Zürich (csr-news) – Die Korruption auf höchster Ebene des Weltfußballverbandes ist durch Ermittlungen in der Schweiz amtlich. Dass der langjährige Fifa-Präsident João Havelange und sein damaliger Schwiegersohn Ricardo Teixeira für die Vergabe von Marketingrechten Bestechungsgelder entgegennahmen und der heutige Präsident Sepp Blatter davon wusste und schwieg, kann die Sponsoren des Weltfußballverbandes nicht unberührt lassen. Denn Konzerne wie Adidas, Coca-Cola, Emirates, Hyundai, Sony und Visa verpflichten sich zur Einhaltung hoher ethischer Standards und Compliance-Richtlinien. Das Sponsoring der Fifa kann so wie bisher nicht weitergehen, betonten Wirtschaftsethiker und Compliance-Experten gegenüber CSR NEWS.

„Mit den Skandalen bei der FIFA rückt nun Korruption im Sport als Risikofaktor für Sponsoren in den Blick“, so Transparency Deutschland-Vorstand Sylvia Schenk. „Wenn Global Player wie Adidas und Coca-Cola auf Nachhaltigkeit achten, Standards auch für Compliance in der Lieferkette setzen und Fehlverhalten ihrer Geschäftspartner ahnden, können sie bei ihren Sponsoringpartnern nicht die Augen verschließen.“ Die Juristin verwies auf eine im März beim UN Global Compact eingesetzte internationale Arbeitsgruppe, die Standards für den „Kampf gegen Korruption in Sportsponsoring und Hospitality“ erarbeitet. „Nur wenn die Sponsoren so ihrer Verantwortung gerecht werden, kann der Wandel bei der FIFA gelingen und Fußball künftig wirklich für Fair Play anstatt für Selbstbereicherung stehen“, erklärte Schenk.

Kein neues Sponsoring

Für den Leiter des Ethikzentrum der Universität Jena, Prof. Nikolaus Knoepffler, stellen sich zwei Fragen: Haben Unternehmen direkt bestochen, um Marketingrechte zu erhalten? Und: Dürfen Unternehmen, die sich klar gegen jede Form des Bestechens aussprechen, mit offensichtlich korrupten Partnern zusammenarbeiten? „Wenn Unternehmen, die als Sponsoren tätig sind, bestochen haben, müssten sie von sich aus von den betreffenden Verträge zurücktreten“, so Knoepffler. Aber auch solche Sponsoren, die nicht bestochen haben, müssten Konsequenzen ziehen. Knoepffler: „Grundsätzlich müssen Unternehmen gerade vor dem Hintergrund der juristischen und moralischen Unzulässigkeit der Korruption klarstellen, dass sie keine Verträge mehr mit der Fifa abschließen und bestehende auslaufen lassen, solange die Fifa nicht verlässlich und überzeugend nachweist, nicht mehr bestechlich zu sein.“

Das sieht der Inhaber des Peter Löscher-Stiftungslehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München, Prof. Christoph Lütge, ähnlich. „Aus meiner Sicht können Großkonzerne mit den strikten Regeln, die sie heute haben, die Fifa nicht sponsern“, sagte Lütge. Eine Alternative seien „glasklare Regeln“ bei der Fifa, aber die Chancen darauf sehe er eher skeptisch. Ein Ende des Fifa-Sponsorings sei für die Unternehmen möglicherweise nicht nachteilig. Lütge: „Ich glaube, dass die Reputation der Unternehmen eher darunter leidet, wenn man die Fifa weiter sponsert.“

Aus dem Skandal lernen

Der Leiter des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, Prof. Thomas Beschorner, hält die Reaktion der Fifa auf den Korruptionsskandal für verfehlt. „Die jetzigen Verlautbarungen von Herrn Blatter, bei denen die Korruption von Havelange und Teixeira als ‚Provisionszahlungen‘ heruntergespielt werden, zeugen nicht nur von wenig Fingerspitzengefühl, sondern sind aus ethischer Sicht jenseits von Gut und Böse“, so Beschorner. Das Sponsoring sei zunehmend moralische aufgeladen und spiegele eine neue Rolle von Unternehmen wider, an die sich auch moralische Erwartungen richteten. Als Beispiele nannte der Wirtschaftsethiker die Diskussionen zu den Olympischen Spielen in China, das Formel 1 Rennen in Bahrain, den Euro-Songcontest in Baku oder die Fifa-Europameisterschaft in der Ukraine. Sponsoren seien gegenüber der Fifa möglicherweise an ihre Verträge gebunden. Beschorner weiter: „Es spräche jedoch nichts dagegen, von Sponsorenseite eine offizielle Stellungnahme von der Fifa zu verlangen, um so ein – auch öffentliches – Signal zu setzen.“ Unternehmen sollten aus der aktuellen Situation lernen und in Sponsorenverträgen zukünftig Ausstiegsklauseln bei moralisch verwerflichen Praktiken notieren. „Und dann müssen Unternehmen diese Karte auch hier und da einmal spielen“, so Beschorner.

Wie legt man einen Sumpf trocken?

Auch Prof. Joachim Fetzer, Vorstandsmitglied im Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE), sprach sich für langfristige Konsequenzen aus dem aktuellen Skandal aus. „Hektische Aktionen nach einer langen Spanne der Zusammenarbeit ändern an der Situation nichts“, sagte Fetzer. Im Kern gehe es um die Frage: „Wie legt man einen Sumpf trocken?“ Und da müssten die Sponsoren vielleicht einmal miteinander reden. Fetzer weiter: „Nichts tun geht aber auch nicht.“ Es müsse geklärt werden, in welchen Strukturen Sponsoren und die Fifa zukünftig zusammenarbeiten könnten. So seien das intransparente Vergabeverfahren beim Sponsoring und die Ausschreibung von Exklusivverträgen zu hinterfragen. Eine Alternative könne die Versteigerung von Sponsoringverträgen sein, die nicht von der Fifa selbst durchgeführt werden müsste. „Wenn jetzt jemand den Sponsoringvertrag kündigt, ist er der Held, aber er ändert an der Sache nichts“, sagte Fetzer.

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