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Spekulation mit Agrarrohstoffen: Alarm oder Fehlalarm?

Nach gut einjähriger Prüfung will die Deutsche Bank wieder in die Spekulation mit Agrarrohstoffen einsteigen. Ein Zusammenhang mit dem Hunger in der Welt sei nicht belegbar, sagte Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitchen auf der „Grünen Woche“ in Berlin. Entsetzen bei den Gegnern, und selbst Agrarministerin Ilse Aigner nannte diesen Schritt „verantwortungslos“. Was denn nun? Eine Auswertung von 35 Forschungsarbeiten zum Thema soll Klarheit schaffen.

Halle/Saale (csr-news) > Nach gut einjähriger Prüfung will die Deutsche Bank wieder in die Spekulation mit Agrarrohstoffen einsteigen. Ein Zusammenhang mit dem Hunger in der Welt sei nicht belegbar, sagte Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitchen auf der „Grünen Woche“ in Berlin. Entsetzen bei den Gegnern, und selbst Agrarministerin Ilse Aigner nannte diesen Schritt „verantwortungslos“. Was ist denn nun richtig? Eine Auswertung von 35 Forschungsarbeiten zum Thema soll Klarheit schaffen.

Werden Lebensmittel durch Spekulationen auf Agrarrohstoffe verteuert und verstärken dadurch den Hunger in der Welt? Für einige NGOs wie beispielsweise Foodwatch ein klarer Fall, für etliche Banken lässt sich dies bislang nicht belegen. Um zur Klärung dieses strittigen Sachverhaltes beizutragen, haben der Direktor des Leibnitz-Instituts für Agrarentwicklung (IAMO), Professor Thomas Glauben und Wissenschaftler Sören Prehn, in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsethikern Professor Ingo Pies und Matthias Georg Will von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg eine umfangreiche Literaturauswertung vorgenommen.

Dazu haben die Forscher 35 empirische Studien unter die Lupe genommen und nach Hinweisen gesucht. Von den untersuchten Studien der vergangenen Jahre wurden allerdings erst zehn in wissenschaftlichen Fachzeitungen veröffentlicht, die 25 bislang noch nicht veröffentlichten Untersuchungen wurden deshalb separat analysiert. Von den zehn Peer-Review-Artikeln untersuchten acht, ob Finanzspekulationen direkt die Preise nach oben trieben, die anderen gingen der Frage nach, ob Finanzspekulationen Auswirkungen auf die Volatilität des Preisniveaus an den Agrarmärkten hatten.

Die Ergebnisse des Literaturüberblicks zeigen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Forschungsarbeiten die vorherrschende Befürchtung zum Einfluss der Spekulation auf die Agrarrohstoffmärkte nicht bestätigt. „Auch wenn die Forschungsliteratur sicherlich noch Fragen offen lässt, spricht angesichts des aktuellen Erkenntnisstands vieles dafür, den zivilgesellschaftlichen Alarm als Fehl-Alarm einzustufen. Im Gegenteil, die Finanzspekulation kann dazu beitragen, Agrarmärkte besser funktionieren zu lassen“, so Thomas Glauben vom IAMO. Vielmehr seien für die dramatischen Preisergebnisse der Jahre 2007/8, 2010/11 und 2012 realwirtschaftliche Faktoren verantwortlich gewesen. Wirtschaftsethiker Ingo Pies dazu: „Wer den Hunger in der Welt wirksam bekämpfen will, muss realwirtschaftlich dafür Sorge tragen, dass das Angebot an Nahrungsmitteln mit der auf absehbare Zeit steigenden Nachfrage Schritt halten kann“.

Welche Schlussfolgerungen lassen sich nun daraus ziehen? Es ist nicht so, wie es scheint, kann man die Ergebnisse zusammenfassen. Die Forscher halten auch die teilweise angestrebten Regulierungsforderungen für falsch und sogar kontraproduktiv. Forderungen nach mehr Transparenz auf den Agrarrohstoffmärkten seien dagegen begründet, vor allem solche, die eine Informationseffizienz erhöhen.

 


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