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Was Fairtrade kann (und was nicht)

Wo Fairtrade drauf steht, ist nicht unbedingt Fairtrade drin – so das ungute Gefühl nach der ZDF-Sendung Planet.e, die pünktlich zum Valentinstag über Umlabellierungen bei Fairtrade Rosen berichtete. Tatsächlich war die Aussage der Sendung aber eine viel komplexere. Es ging bei weitem nicht nur um die Umlabellierungen, sondern es wurde auch über die Errungenschaften des fairen Handels berichtet: Die besseren Arbeitsbedingungen auf Farmen mit dem Fairtrade Siegel und umweltfreundlichere Produktionsmethoden. Was der Bericht dabei auslässt, ist die Frage: Warum kommt es zu diesen Umlabellierungen? Bringen mehr Kontrollen wirklich mehr? Und – letztendlich – was kann ein Instrument wie der Faire Handel und was kann es nicht? Ein Kommentar von Silke Peters.

Wo Fairtrade drauf steht, ist nicht unbedingt Fairtrade drin – so das ungute Gefühl nach der ZDF-Sendung Planet.e, die pünktlich zum Valentinstag über Umlabellierungen bei Fairtrade Rosen berichtete. Tatsächlich war die Aussage der Sendung aber eine viel komplexere. Es ging nicht nur um die Umlabellierungen, sondern es wurde auch über die Errungenschaften des fairen Handels berichtet: Die besseren Arbeitsbedingungen auf Farmen mit dem Fairtrade Siegel und umweltfreundlicheren Produktionsmethoden. Das Thema „Umlabellierungen“ hatte allerdings das Geschmäckle einer Enthüllungsstory mit Aussagen von Zeuginnen und Zeugen, die vermummt sind, damit man sie nicht für ihre Aussagen zur Rechenschaft ziehen kann. Was der Bericht dabei auslässt, ist die Frage: Warum kommt es zu diesen Umlabellierungen? Bringen mehr Kontrollen wirklich mehr? Und – letztendlich – was kann ein Instrument wie der Faire Handel und was kann es nicht?

Ein Kommentar von Silke Peters.

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass Fairtrade seine Kontrollmechanismen verschärfen muss. Viel eher aber sollte er Anlass geben zu der – längst überfälligen – Diskussion über die Möglichkeiten des Fairen Handels. Fairtrade genießt hohes Vertrauen. Quer durch alle Schichten und Gesinnungen besteht Einigkeit, dass Fairtrade die Lösung ist. Entsprechend hoch sind die Wachstumsraten – und es erstaunt wenig, dass der Ansatz gerade bei einem so emotional besetzten Produkt wie der Rose besonders gut wirkt. Das nahezu blinde Vertrauen in das blau-grüne Siegel ist Segen und Fluch zugleich: So groß die Begeisterung, so groß ist auch die Enttäuschung darüber, dass auch die Fairtrade-Welt nicht frei von Unregelmäßigkeiten ist. „Wenn ich nicht sicher sein kann, dass Fairtrade drin ist, brauche ich auch nicht den höheren Preis zu zahlen.“, denkt sich der verunsicherte Verbraucher. Dabei übersieht er eines: Die Bedingungen auf den Farmen sind besser, die Arbeiter haben zum Beispiel einen Festvertrag und bezahlten Urlaub – unabhängig davon, ob wir am Ende ein Produkt der Farm in der Hand haben oder ein zugekauftes. Die Entscheidung für ein Fairtrade Produkt ist nicht – wie bei Bioprodukten – eine Entscheidung, die sich unmittelbar auf die in dem Produkt enthalten Rohstoffe bezieht, sondern vielmehr ein politisches Signal: Als Konsument/in ist mir wichtig, dass die Produkte, die ich kaufe, unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Und das erreicht Fairtrade. Schließlich sind zumindest auf der Farm, die die Blumen liefert, so zeigt es der Bericht, die Bedingungen besser.

Vor allem aber ist Fairtrade ein Instrument. Ein Instrument, das im bestehenden System Gutes erreicht, nicht mehr und nicht weniger. Global ändern sich die Verhältnisse nicht – oder nur minimal. Denn Veränderungen brauchen Zeit. Und Einsicht. In den Abnehmermärkten ebenso wie in den Produzentenländern. Wirkliches Umdenken erreicht man nicht durch mehr Kontrollen, sondern durch umfassendere Lösungsansätze, die die gesamte Wertschöpfungskette und die Preisbildungsmechanismen einbeziehen. Fairtrade bemüht sich, mit dem „fairen Preis“ hier Einfluss zu nehmen. Die Macht der Supermärkte, die Preisspirale nach unten, wird aber nicht in Frage gestellt. Dafür ist die Notwendigkeit, Nachfrage im Mainstreammarkt zu generieren, zu groß. Und, machen wir uns nichts vor: Die Bereitschaft zu wirklich anderen (Preis-)Strukturen zu kommen, ist äußerst gering. Wenn die Nachfrage drückt, muss bedient werden. Mit allen Mitteln. Entsprechend gefährlich ist der schmale Pfad zwischen der Erschließung der Massenmärkte (mit entsprechendem Nachfrage- und Preisdruck) und der Forderung nach höheren Standards. Die „Schummeleien“, die es sicher hier und dort gibt, sind das Symptom einer „Partnerschaft“, die keine echte ist. Nicht sein kann.

Schlimm ist das nicht, denn Fairtrade macht sehr wohl einen Unterschied: Die Menschen auf den Fairtrade-Farmen können besser von ihrer Arbeit leben und ihre Kinder haben damit die Chance auf mehr Bildung und bessere Lebensbedingungen. Schlimm ist vielmehr, dass Fairtrade den Konsumenten suggeriert, mit dem Kauf eines Fairtrade-Produkts eine rundum andere Welt zu schaffen – und das bei einem Blumenstrauß für 1,99 €! Was hängen bleibt, ist die Illusion, es gäbe „die Partnerschaft mit der Dritten Welt“ zu Dumpingpreisen – und befremdetes Entsetzen, wenn zu Tage kommt, dass die Farmen vor Ort tricksen. Dabei dürfte so ein Verhalten nicht erstaunen. Es ist sogar nachvollziehbar. Und auch schärfere Kontrollen werden nur bedingt etwas daran ändern.


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