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CSR braucht "Propaganda der Tat": Dieter Schöffmann im Interview

Unternehmen sollten die „Propaganda der Tat“ vor die CSR-Kommunikation mittels Hochglanzbroschüren stellen. Diese Ansicht vertritt Dieter Schöffmann von der Kölner Entwicklungsagentur VIS a VIS. Im CSR NEWS-Partnernetzwerkinterview fragte ihn Achim Halfmann unter anderem nach den Konsequenzen von “Bangladesch” für die CSR-Kommunikation.

Köln (csr-news) – Unternehmen sollten die „Propaganda der Tat“ vor die CSR-Kommunikation mittels Hochglanzbroschüren stellen. Diese Ansicht vertritt Dieter Schöffmann von der Kölner Entwicklungsagentur VIS a VIS. Im CSR NEWS-Partnernetzwerkinterview fragte ihn Achim Halfmann unter anderem nach den Konsequenzen von “Bangladesch” für die CSR-Kommunikation.

CSR NEWS: Wie beurteilen Sie die derzeitige gesellschaftliche Wahrnehmung von CSR-Themen – etwa auf dem Hintergrund der Ereignisse in der Textilindustrie von Bangladesch?

Dieter Schöffmann: Vor allem im gemeinnützigen Sektor wird meines Erachtens gesellschaftliche Unternehmensverantwortung oft reduziert auf das gesellschaftliche Engagement zugunsten gemeinnütziger Anliegen. Die Ereignisse in der Textilbranche oder auch in der Finanzbranche machen jedoch deutlich, dass die gesellschaftliche Unternehmensverantwortung umfassender und vorrangig im Kerngeschäft des Unternehmens, in den positiven wie negativen Auswirkungen seines Geschäftsgebarens gesehen werden muss. Die Folgen unverantwortlichen Handelns hier können meiner Meinung nach selbst durch das bürgerschaftliche Engagement (Corporate Citizenship) aller Unternehmen der jeweiligen Branche kaum kompensiert werden.

Was bedeutet das für die CSR-Kommunikation und den Stakeholder-Dialog?

Für die „CSR-Kommunikation“ ergeben sich daher zwei Herausforderungen: Die Kommunikation über „CSR“ sollte zu einer begrifflichen und konzeptionellen Klarheit bei allen gesellschaftlichen Akteuren beitragen, was alles dazu gehört – etwa im Sinne des ISO 26000-Katalogs. Bei der eigenen CSR-Kommunikation sollten die Unternehmen die „Propaganda der Tat“ vor die Hochglanzbroschüren stellen. Also tatsächlich gesellschaftlich verantwortliches Handeln in der Unternehmenskultur und Geschäftspraxis so verankern, dass sich alle im Unternehmen – vom CEO über die Einkäufer oder Kundenberater bis hin zum Pförtner – täglich daran orientieren und damit an der langfristigen Wertentwicklung des Unternehmens statt am kurzfristigen Gewinn oder Bonus. Hier sind gerade bei Aktiengesellschaften im Streubesitz die Aktionäre gefordert, die mir bislang bei der gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung zu wenig gefordert werden. Der angestellte Unternehmensvorstand ist schließlich auch davon abhängig, dass seine Chefs – die Aktionäre – verantwortliches, ethisches Unternehmenshandeln auch dann mittragen, wenn es die Rendite schmälert.

Welche Rahmenbedingungen haben sich in der letzten Zeit positiv entwickelt, wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf?

Positiv schätze ich ein, dass das Thema gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung und auch des bürgerschaftlichen Unternehmensengagements in der Öffentlichkeit immer häufiger thematisiert wird, und zwar nicht nur als Anforderung, sondern auch mit Hinweisen auf gute Praxis. Die Zahl der Unternehmen, die sich bewusster und strategisch mit den Themen Verantwortung und Engagement befassen, ist zwar meiner Einschätzung nach immer noch klein, aber im Laufe der vergangenen zehn, fünfzehn Jahre gewachsen. Vor zwölf Jahren haben wir mit dem „Corporate Citizenship-Gesprächskreis Köln-Bonn“ das erste Unternehmensnetzwerk in diesem Themenfeld auf den Weg gebracht. Inzwischen gibt es zahlreiche überregionale oder auch lokale Unternehmensnetzwerke, die sich nicht nur über ihre Engagementerfahrungen oder ihre Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung beim Imbiss austauschen, sondern gemeinsame Engagementprojekte auf den Weg bringen.

Beim bürgerschaftlichen Unternehmensengagement – dem CSR-Aspekt, mit dem ich intensiver befasst bin – könnten m.E. noch viel mehr Unternehmen als heute ihr Engagement modernisieren, indem sie über das reinen “Corporate Giving” – also Spenden und Sponsoring – hinaus gehen zum “Corporate Volunteering” – also dem Engagement mit Kompetenz und Personal – bis hin zur strategischen Partnerschaft mit gemeinnützigen Organisationen und weiteren Unternehmen zur wirksamen Adressierung relevanter gesellschaftlicher Herausforderungen.


Dieter Schöffmann

Wo sehen Sie einen offenen Bedarf an Kooperationen unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure? Welche Kooperationen sind für Sie besonders wichtig?

Wie schon gesagt ist meines Erachtens die Entwicklung strategischer Partnerschaften zwischen Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und auch der öffentlichen Hand sinnvoll, wenn das besondere Potenzial, das Unternehmen und ihre Mitarbeiter im gesellschaftlichen Engagement entfalten können, zum Tragen kommen soll. Also Unternehmen nicht nur als Ressource (Geld, Mitarbeiterzeit) für die Gemeinnützigen, sondern als mitdenkende und gestaltende Akteure, um so den „Collective Impact“, also die gemeinsame problemlösende Wirkung zu erzielen. Hier sind alle infrage kommenden Partner – Unternehmen, Gemeinnützige, öffentliche Hand – noch ganz am Anfang, was die Handlungskonzepte und Praxis angeht. Mit der von mir und meiner Agentur unterstützten Initiative „Gemeinsam wirken“ versuche ich, hier den einen oder anderen Impuls und Praxishinweis zu geben.

Welchen Beitrag können Sie und Ihre Kollegen zur qualitativen Weiterentwicklung der CSR-Diskussion leisten?

Als Berater bzw. Agentur, die für Unternehmen, Gemeinnützige und öffentliche Einrichtungen gesellschaftswirksame Konzepte und Projekte entwickelt, kann ich zunächst einmal durch meine Dienstleistungen einen Beitrag zur CSR-Diskussion und –Praxis leisten – sofern es Kunden gibt, die dies wollen und dafür zahlen.Da mir dies aber nicht reicht, fokussiere ich das persönliche wie Agenturengagement auf Aspekte, wo ich noch Entwicklungsbedarf sehe und zu denen ich mit unserer Kompetenz und Erfahrung etwas beitragen kann. Aktuell sind dies die pro bono-Veranstaltung der schon erwähnten Corporate Citizenship-Clubs (Rhein-Ruhr und Rhein-Main) sowie die Unterstützung des 3WIN e.V. Institut für Bürgergesellschaft bei den Initiativen „Gemeinsam wirken“ und „Personalentwicklung durch Engagement“. Ein solches – über die Akquise hinausgehendes – Engagement wünsche ich mir von den Kollegen Mitbewerbern in der Agenturbranche. Leider kann ich hier bislang wenig entdecken.


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