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Ökonom Sedláček: Chance auf fairen Neustart der Wirtschaft vertan

Nach der 2007 ausgelösten Finanzkrise hat die Weltgemeinschaft ihre Chance vertan, das Weltwirtschaftssystem auf einer gerechten Grundlage neu zu starten. Diese Ansicht vertrat der tschechische Ökonom Prof. Tomáš Sedláček (Prag) am 14. März in Bonn. „Wir haben das System auf eine perverse Weise neu gestartet“, so der Chefvolkswirt der Tschechoslowakischen Handelsbank (ČSOB) und Autor des Bestsellers „Die Ökonomie von Gut und Böse“. Den großen Banken seien Schulden erlassen worden, dem kleinen Schuldner jedoch kein Cent.

Bonn (csr-news) – Nach der 2007 ausgelösten Finanzkrise hat die Weltgemeinschaft ihre Chance vertan, das Weltwirtschaftssystem auf einer gerechten Grundlage neu zu starten. Diese Ansicht vertrat der tschechische Ökonom Prof. Tomáš Sedláček (Prag) am 14. März in Bonn. „Wir haben das System auf eine perverse Weise neu gestartet“, so der Chefvolkswirt der Tschechoslowakischen Handelsbank (ČSOB) und Autor des Bestsellers „Die Ökonomie von Gut und Böse“. Den großen Banken seien Schulden erlassen worden, dem kleinen Schuldner jedoch kein Cent.

Die Ökonomie habe sich nie mit der Frage eines Neustarts des Wirtschaftssystems beschäftigt. Dabei werde dieses Prinzip bereits in der Bibel (Leviticus 25) beschrieben, wo die Israeliten angewiesen wurden, jeweils nach 49 Jahren alle Schulden zu erlassen und die ursprünglichen Besitzverhältnisse wiederherzustellen. „Kein System ist perfekt. Du wirst ein System nie vollständig verstehen, es schafft Ungerechtigkeiten“, sagte Sedláček. Deshalb habe Gott die Israeliten angewiesen, ihre Besitzverhältnisse in zeitlichen Intervallen zurückzusetzen.

Zugleich wandte sich der Ökonom gegen eine religiöse Überhöhung der freien Marktwirtschaft. „Wir haben immer gedacht, die Marktkräfte wären göttlich“, sagte Sedláček. „Das Vertrauen auf die unsichtbare Hand des Marktes lässt uns glauben, dass wir uns nicht um die Auswirkungen unserer Handlungen kümmern müssen.“ Doch gerade wer freie Märkte für das beste existierende Wirtschaftssystem halte, müsse um deren Verbesserung bemüht sein. Sedláček: „Die einzigen Hände, die es gibt, sind deine und meine. Sie können Gutes und Schlechtes tun.“

In Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung ärmerer Länder durch einen freien Handel bezeichnete der Ökonom die Annahme „Jeder gewinnt durch den Handel“ als eine Glaubensaussage. Sedláček weiter: „Der internationale Handel hat viele Vorzüge, aber mehr für die Reichen als für die Armen.“ Menschen aus reichen Ländern könnten zu sehr niedrigen Preisen in ärmeren Ländern einkaufen. „Preise sind keine Ergebnis der unsichtbaren Hand des Marktes, sondern ein Ergebnis von Gewalt, Macht und Verhandlungsgewohnheiten“, so Sedláček.

Der tschechische Ökonom sprach auf einer Veranstaltung der Entwicklungshilfeorganisation MEDA (Mennonite Economic Development Associates), eines Arbeitszweiges der evangelischen Kirche der Mennoniten. MEDA will durch Wirtschaftsförderung einen Beitrag zur Entwicklungshilfe leisten. „Wir suchen in Entwicklungsländern die Unternehmen, die Geld brauchen um zu wachsen und den Ärmsten der Armen einen Vorteil zu bieten“, sagte der Leiter des europäischen MEDA-Arbeitszweiges, Titus Horsch (Neuwied), gegenüber CSR NEWS. Dazu bietet die 1953 von christlichen Geschäftsleuten gegründete Vereinigung Privatinvestoren und Unternehmen eine Beteiligung an Wagniskapitalfonds an, die in Unternehmen in Entwicklungsländern investieren. „Wir glauben nicht an ein Dogma, dass der Markt alles regelt“, sagte Horsch. Jedoch organisierten freie Märkte das Zusammenspiel in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Ein wichtiger Grundsatz von MEDA sei die Transparenz: Spender und Investoren seien eingeladen, sich die Projekte vor Ort in den Entwicklungsländern anzusehen. Die mennonitische Entwicklungshilfeorganisation hat ihren Hauptsitz in Kanada und unterstützt Existenzgründer sowie Kleinunternehmer in 49 Ländern weltweit mit Beratung und Kapital. Der in Deutschland ansässige europäische Arbeitszweig besteht seit 2009.

Weitere Infos im Internet:
www.meda-europa.org


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