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Fluglärm und Flugrouten: Für Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sorgen

Berlin (csr-news) >  Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) stellt erhebliche Defizite bei der Planung und Genehmigung von Flughäfen und Flugrouten fest. Anlässlich der heutigen Übergabe des Sondergutachtens „Fluglärm reduzieren – Reformbedarf bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten“ an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks mahnt der SRU stärkere Beteiligungsrechte für die Betroffenen an. Flugverkehr und Fluglärm werden vom geltenden Recht in nicht mehr zeitgemäßer Weise privilegiert. Der zunehmende Flugverkehr samt dem damit einhergehenden Lärm startender und landender Flugzeuge birgt mitunter gravierende Risiken für die menschliche Gesundheit und beeinträchtigt die Lebensqualität sowie die Natur in den Flughafenregionen. Vor diesem Hintergrund betont Prof. Christian Calliess: „Will man die Akzeptanz für den Flugverkehr sichern, dann gilt es bei der Planung von Flughäfen und Flugrouten einen Mindestschutz der Bürger durch Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung zu gewährleisten.“

Derzeit laufen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Flughafenplanung und -erweiterung aber oftmals ins Leere. Sie beziehen sich bestenfalls auf prognostizierte Flugrouten, die auch im Falle von wesentlichen Änderungen ohne weitere Öffentlichkeitsbeteiligung geändert werden können. Damit sind aber auch Menschen vom Fluglärm betroffen, die davon vorab nichts wussten und sich daher auch nicht an den Planungen beteiligen konnten. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass den für den Fluglärm relevanten festgelegten Flugrouten in der Praxis eine geringe Verbindlichkeit zukommt. Derzeit erhalten Piloten von der zuständigen Stelle oftmals aus rein ökonomischen Gründen Einzelfreigaben, die ihnen ein Abweichen von den festgelegten Flugrouten erlauben. Dies führt dazu, dass die nicht zuletzt unter Lärmgesichtspunkten abgewogenen Flugrouten in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich gar nicht geflogen werden. Damit verstößt die deutsche Rechtslage gegen die europäische UVP-Richtlinie 2011/92/EU, nach der alle direkten und indirekten Wirkungen eines Projektes geprüft werden müssen. Die Europäische Kommission hat daher nicht von ungefähr im Mai 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Zur Lösung des Problems schlägt der SRU ein zweistufiges Verfahren vor: Eine UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung soll sowohl für den Flughafenbau als auch für die Flugroutenfestlegung erforderlich sein. Unnötige Doppelprüfungen können durch eine sachgerechte Verfahrensausgestaltung vermieden werden. Wesentliche Änderungen eines Flugroutensystems sollten aber immer UVP-pflichtig sein. Derzeit besteht die Möglichkeit, durch kleinteilige Ausbaumaßnahmen die Kapazität eines Flughafens ohne förmliche Prüf- und Beteiligungsverfahren sukzessive zu erhöhen. „Diese Praxis, die vor allem die verfassungsrechtlich gebotene Beteiligung der Lärmbetroffenen umgeht, ist nicht nur rechtlich bedenklich, sondern untergräbt auch das Vertrauen der Menschen in die staatliche Planung und die Akzeptanz ihrer Ergebnisse“, mahnt Calliess. Handlungsbedarf sieht der SRU auch beim aktiven Fluglärmschutz. Eine Lärmreduzierung an der Quelle, wie durch den Einsatz lärmarmer Flugzeuge oder durch Nachtflugverbote, entlastet die Betroffenen mitunter besser als passive Schallschutzmaßnahmen, zum Beispiel durch Schallschutzfenster. Deshalb sollten rechtlich verbindliche Lärmgrenzwerte für einen aktiven Lärmschutz eingeführt und daran anknüpfend Maßnahmen zur lärmverträglichen Steuerung des Flugverkehrs ergriffen werden.


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