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Der wahre Preis. Ist gutes Essen wirklich teuer?

Im Allgemeinen lässt sich die Ernährung nicht wirklich als nachhaltig und gesund bezeichnen. Es wird zu viel Fleisch, Fett und Zucker konsumiert, Übergewichtigkeit ist weit verbreitet und ein Viertel der Bevölkerung leidet an Fettleibigkeit. Hinzu kommen andere ernährungsbedingte Krankheiten, die Verbreitung von Antibiotika in der Nahrung und nicht zuletzt zahlreiche Lebensmittelskandale. All dies berücksichtigt, was müsste unser Essen eigentlich kosten? Das Ökoinstitut hat gerechnet.

Freiburg (csr-news) > Im Allgemeinen lässt sich die Ernährung nicht wirklich als nachhaltig und gesund bezeichnen. Es wird zu viel Fleisch, Fett und Zucker konsumiert, Übergewichtigkeit ist weit verbreitet und ein Viertel der Bevölkerung leidet an Fettleibigkeit. Hinzu kommen andere ernährungsbedingte Krankheiten, die Verbreitung von Antibiotika in der Nahrung und nicht zuletzt zahlreiche Lebensmittelskandale. All dies berücksichtigt, was müsste unser Essen eigentlich kosten? Das Ökoinstitut hat gerechnet.

Die Frage lautet: Ist gutes Essen wirklich teuer? Im Rahmen einer spendenfinanzierten Studie hat das Freiburger Ökoinstitut versucht, diese Frage zu beantworten. Dafür wurden einerseits die realen Kosten verschiedener Ernährungsgewohnheiten und andererseits die versteckten oder externen Kosten untersucht. Ein wesentliches Fazit: Die Ladenpreise spiegeln längst nicht die tatsächlichen Kosten der Lebensmittelherstellung und der Ernährungsgewohnheiten. Denn unsere konventionelle Lebensmittelproduktion und die ungesunde Ernährung verursachen Kosten, die teilweise weder erfasst noch irgendeiner Form berücksichtigt werden. Dennoch fallen sie an und müssen bezahlt werden. Beispielsweise die gesundheitlichen Folgekosten durch ungesunde Ernährung. Grob geschätzt, so die Autoren der Studie, fallen in Deutschland pro Person und Jahr etwa 138 Euro Gesundheitskosten an, die auf ungesunde Ernährung zurückzuführen sind. Hinzu kommen externe Kosten von bis zu 100 Euro pro Person und Jahr, die als Folge nicht nachhaltiger landwirtschaftlicher Produktionsmethoden zu Buche schlagen. Sicher beinhalten diese Zahlen erhebliche Unsicherheiten, dennoch belegen sie einen realen Effekt – dabei sind zahlreiche Auswirkungen und deren Kosten noch gar nicht berücksichtigt. Etwa ein Preis für Tierwohl oder die Ausbeutung von Arbeitern auf Plantagen in zahlreichen Ländern dieser Welt. Berücksichtigt wurden dagegen beispielsweise Kosten die durch Pestizide oder Düngemittelverunreinigungen verursacht werden.

Die Ermittlung externer Kosten ist komplex, deshalb haben sich die Autoren auf zwei typische Produkte konzentriert, um deren Externalitäten tiefer zu analysieren. Das sind zum einen frische Tomaten und zum anderen Kakao. Ziel war es die wesentlichen Kostenfaktoren zu identifizieren, die sich nicht im Preis niederschlagen, und zwar sowohl hinsichtlich sozialer wie auch ökologischer Auswirkungen. Die zusammengetragenen Daten enthielten beispielsweise generelle Informationen zum Anbau wie der Ertrag pro Fläche und detailliertere Angaben zum Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Weiterhin wurde der Wasserverbrauch ermittelt und dabei auch die Herkunft des Wassers berücksichtigt. Weitere Daten beziehen sich auf den Flächenverbrauch, Treibhausgasemissionen, Lohnniveau der betroffenen Arbeiter, eventuelle illegale Arbeitsverhältnisse und Informationen über staatliche Unterstützung wie Subventionen. Am Beispiel der Tomaten lassen sich die Ergebnisse illustrieren. Tomaten gehören zu den am meisten konsumierten Gemüsesorten in Deutschland. Fast 21 Kilogramm werden im Durchschnitt von jedem Bundesbürger pro Jahr verbraucht, davon sind etwa 6,7 Kilogramm frische Tomaten. Sie werden das ganze Jahr über als frische Ware angeboten, sowohl aus konventionellem wie aus biologischem Anbau. Dabei stammen nur rund 8 Prozent von Anbietern aus Deutschland, der überwiegende Teil wird importiert. Fast die Hälfte kommt aus den Niederlanden, ein Fünftel aus Spanien und ein Teil aus anderen EU-Staaten sowie aus Marokko. Dabei unterscheiden sich die einzelnen Anbauregionen teilweise erheblich. Mit der Folge, dass die unterschiedlichen Anbaumethoden und die unterschiedlichen sozialen Auswirkungen auch unterschiedliche externe Kosten verursachen. Im Ladenpreis sind diese nicht enthalten, die Studie zeigt aber welche Kosten in welchen Anbauregionen anfallen. In Spanien werden die externen Kosten vor allem durch Bewässerungsmaßnahmen und geringe Lohnkosten verursacht. Weitere Kosten könnten durch Biodiversitätsverluste entstehen. Bei Tomaten aus den Niederlanden sind es vor allem Entwicklungs- und Investitionskosten, die keine Berücksichtigung finden.

Ein weiterer Aspekt der externen Kosten betrifft die Gesundheitskosten durch ernährungsbedingte Krankheiten. Beispielsweise entstanden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2008 durch Adipositas und sonstige Überernährung in Deutschland Gesundheitskosten von 863 Millionen Euro, durch Herz-Kreislaufkrankheiten knapp 37 Milliarden Euro und durch Diabetes mellitus rund 6,3 Milliarden Euro. Kosten, die von der Gemeinschaft getragen werden und die keine Berücksichtigung in den Lebensmittelpreisen finden.

Wie also lautet nun die Antwort auf die Frage: Ist gutes Essen wirklich teurer? Insgesamt zeigt die Studie, dass bei einer Umstellung des Einkaufsverhaltens auf Bio-Lebensmittel und fair gehandelte Lebensmittel so gut wie keine Mehrkosten entstehen, wenn diese mit einer Veränderung des Ernährungsverhaltens einhergeht. Eine Umstellung vom durchschnittlichen deutschen Ernährungsstil auf eine gesunde Ernährungsweise, wie sie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE empfiehlt (weniger Fleisch, mehr Gemüse und Obst), fängt die Mehrkosten, die durch den Einkauf von Bio-Lebensmitteln entstehen nahezu auf. Die gesunde Ernährung kostet jährlich lediglich 81 Euro mehr – das sind nicht einmal sieben Euro pro Monat.

Im Zusammenhang mit der Studie wurde ein Kochbuch „Nachhaltig kochen! Die Kosten unterschiedlicher Ernährungsstile – Ein politisches Kochbuch des Öko-Instituts“ erstellt. Es fasst die Ergebnisse der Studie zusammen und illustriert mit Rezepten, dass eine Kost mit weniger oder gar ohne Fleisch gesund, sättigend und lecker ist. Die Rezepte sind einfach nachzukochen und beinhalten saisonale und regionale Zutaten. Sie wurden von den bekannten Köchen Dagmar von Cramm, Vincent Klink, Cornelia Poletto und Hans-Albert Stechl zur Verfügung gestellt.

Zum Download: Die Studie Ist gutes Essen wirklich teuer? Hintergrundbericht zum Spendenprojekt „Ist gutes Essen wirklich teuer? ‚Versteckte Kosten‘ unserer Ernährung in Deutschland“

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