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Untersuchung offenbart Schwachstellen bei der Engagementförderung

Mehr als 3.400 Engagement unterstützende Einrichtungen gibt es in Deutschland. Das sind Bürgerbüros, Freiwilligenagenturen, Mehrgenerationenhäuser und Ähnliches. Wer sie sind was sie machen, und wie sie wirken, wurden nun erstmals vom Institut für sozialwissenschaftliche Analysen und Beratung (ISAB) untersucht und im Generali Engagementatlas 2015 veröffentlicht. Bislang konnte sich kein Modell der Engagement unterstützenden Einrichtungen als Best Practice durchsetzen. Doch alle haben Probleme mit ihrer finanziellen und personellen Ausstattung.

Köln/Berlin (csr-news) > Mehr als 3.400 Engagement unterstützende Einrichtungen gibt es in Deutschland. Das sind Bürgerbüros, Freiwilligenagenturen, Mehrgenerationenhäuser und Ähnliches. Wer sie sind was sie machen, und wie sie wirken, wurden nun erstmals vom Institut für sozialwissenschaftliche Analysen und Beratung (ISAB) untersucht und im Generali Engagementatlas 2015 veröffentlicht. Bislang konnte sich kein Modell der Engagement unterstützenden Einrichtungen als Best Practice durchsetzen. Doch alle haben Probleme mit ihrer finanziellen und personellen Ausstattung.

Alleine in den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Engagement unterstützenden Einrichtungen um 130 Prozent erhöht. Die aktuell rund 3.400 Einrichtungen befinden sich an 1.289 Standorten und deuten damit schon eine Auffälligkeit an. Die regionale Verteilung ist höchst unterschiedlich, es gibt Ballungsgebiete und blinde Flecken. So sind beispielsweise Bürgerstiftungen in hohem Maße in Nordrhein-Westfalen anzutreffen, kaum aber in Bayern oder den östlichen Bundesländern. Ein Grund für die Vielfalt sind die unterschiedlichen Schwerpunkte von Bund, Ländern und Kommunen und die dazugehörigen Modellprogramme und Fördertöpfe. Sichtbar wird dies beispielsweise bei den Freiwilligenagenturen, eine Form der Einrichtung, die seit dem Jahr 2000 mit rund 76 Prozent die stärksten Zuwächse hatte. Aktuell gibt es im gesamten Bundesgebiet 667 Einrichtungen dieser Art, die sich um alle Belange des freiwilligen und ehrenamtlichen Engagements kümmern, von der Beratung über die Vermittlung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit. Auffällig ist, relativ häufig gibt es Freiwilligenagenturen im Westen und in der Mitte der Republik, ebenso wie in Teilen der neuen Bundesländer. Insgesamt ergibt sich jedoch keine flächendeckende oder systematische Verteilung. Darüber hinaus zeigt der Engagementatlas deutlich, dass sich bundesweit kein bevorzugtes Modell der Engagementförderung durchsetzen konnte.

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Quelle: Generali Engagementatlas 2015

Ein Großteil der Engagement unterstützenden Einrichtungen ist unterfinanziert und personell unzureichend ausgestattet, ist eine weitere Erkenntnis des Engagementatlas. Meist liegt der Grund in der starken Abhängigkeit von öffentlichen Geldern und Projektförderungen, selten sind Einrichtungen nachhaltig finanziert. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Einrichtungen gaben an, dass für die Budgetplanung kommunale Mittel ausschlaggebend sind, Landesmittel spielen für 28 Prozent eine zentrale Rolle und 18 Prozent sind vor allem auf Mittel des Bundes angewiesen. Unternehmenszuwendungen spielen ebenso wie Stiftungsgelder eine vergleichsweise geringe Rolle. Fast allen Einrichtungstypen mangelt es in der Folge an Planungssicherheit, mit der Konsequenz personeller und zeitlicher Engpässe. Der Engagementatlas belegt außerdem, dass sich die Anzahl der Engagement unterstützenden Einrichtungen nicht auf die Engagementquote der Bevölkerung auswirkt. Im Saarland etwa gibt es bei einer niedrigen Anzahl von Einrichtungen, durchschnittlich 2,6 pro 100.000 Einwohner, mit 39 Prozent eine vergleichsweise hohe Engagementquote. Umgekehrt sind in Thüringen mit 8,4 Einrichtungen pro 100.000 Einwohner 31 Prozent der Bevölkerung bürgerschaftlich engagiert.

Wichtiger Bestandteil des Engagementatlas sind Handlungsempfehlungen der Herausgeber an Bund, Länder und Kommunen. Denn die Ergebnisse zeigen deutlich, dass es trotz erheblicher finanzieller Anstrengungen bisher nicht gelungen ist, eine profilierte, unabhängige und nachhaltige Infrastruktur für die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements aufzubauen. „Das kritische Fazit stellt keineswegs die Leistungen der Einrichtungen vor Ort infrage. Im Gegenteil: Die Kreativität, Kompetenz und Leistungsbereitschaft sind enorm. Sie allein reichen jedoch nicht, um das Fehlen einer Gesamtstrategie zu kompensieren“, heißt es im Bericht. So schlagen die Autoren vor, die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als kommunale Pflichtaufgabe festzulegen, da das bürgerschaftliche Engagement eine immer wichtigere Ressource der Daseinsvorsorge werde. Engagement unterstützende Einrichtungen werden aufgefordert, sich unabhängiger von öffentlichen Fördergeldern zu machen, etwa durch Unternehmenskooperationen. Es gibt zahlreiche Vertreter der Wirtschaft die nicht nur als Sponsoren tätig sein wollen, sondern als Teil der Zivilgesellschaft. „Es gilt, sie von den Vorteilen gemeinsamen Wirkens zu überzeugen“. Für viele Engagement unterstützende Einrichtungen sei die Zusammenarbeit mit Unternehmen Neuland. Dies muss sich ändern, auch wenn der Aufbau von Unternehmenspartnerschaften Zeit und Kreativität erfordert“, raten die Autoren. Zudem sollten sich die Einrichtungen stärker für die Nutzung von Synergien öffnen und sich als treibende Kraft in die Schaffung von Engagementregionen einbringen. „Besonders wichtig ist aus unserer Sicht der Hinweis darauf, dass die vorherrschende, auf einzelne Einrichtungstypen bezogene Projektförderung beendet werden sollte“, sagt Loring Sittler, Leiter Generali Zukunftsfonds. „Wir finden, es ist an der Zeit, den einzelnen Kommunen und Regionen Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie vor Ort mit allen Akteuren nachhaltige Engagementstrategien und eine wirksame Engagementstruktur mit gemeinsam festgelegten Prioritäten und Aufgaben aufbauen können.“

Der Generali Engagementatlas 2015 zum Download.


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