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Ratings als Chance

Dass wir im Zeitalter der Ratings und Ranglisten leben, ist kein Zufall: Ratings befriedigen unser Bedürfnis nach Einfachheit in einer immer komplexer werdenden Welt. Welche Handelsunternehmen nehmen ihre Unternehmensverantwortung besonders gut war? Welches sind die beliebtesten Arbeitgeber im Land? Und welche Unternehmen sind nicht bereit, die negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeit freiwillig zu reduzieren? Auf solche Fragen geben uns Ratings eine eindeutige Antwort. Wir erkennen auf einen Blick, welches die guten und welches die schlechten Unternehmen sind, vergleichbar mit einer Schulnote.

Zürich (csr-news) – Dass wir im Zeitalter der Ratings und Ranglisten leben, ist kein Zufall: Ratings befriedigen unser Bedürfnis nach Einfachheit in einer immer komplexer werdenden Welt. Welche Handelsunternehmen nehmen ihre Unternehmensverantwortung besonders gut war? Welches sind die beliebtesten Arbeitgeber im Land? Und welche Unternehmen sind nicht bereit, die negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeit freiwillig zu reduzieren? Auf solche Fragen geben uns Ratings eine eindeutige Antwort. Wir erkennen auf einen Blick, welches die guten und welches die schlechten Unternehmen sind, vergleichbar mit einer Schulnote.

Gastkommentar von Cornelia Diethelm, Direktorin für Nachhaltigkeit & Issue Management bei der Migros

Ob uns diese Beurteilung als Unternehmen gefällt oder nicht: Beeinflussen lässt sich der Trend hin zu mehr Ratings nicht. Jede Person oder Organisation kann jederzeit eine Internet-Recherche starten, die Leistung der Unternehmen miteinander vergleichen und das Ergebnis als Rangliste publizieren. Und weil die Information gut verständlich ist, verbreitet sie sich relativ schnell, neben den klassischen Medien immer häufiger über Mund-zu-Mund-Propaganda via Facebook, Twitter oder Youtube. Abhängig von der Attraktivität des Themas erreicht sie ein Fachpublikum und die Betroffenen, in vielen Fällen sogar die breite Bevölkerung. Unternehmen haben also ein Interesse daran, bei Ratings gut abzuschneiden. Eine gute Platzierung stärkt ihr Image als verantwortungsvolles Unternehmen.


Cornelia Diethelm

Besonders Nichtregierungsorganisationen nutzen diese Dynamik seit einigen Jahren verstärkt, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Greenpeace zum Beispiel fordert von den Elektronikherstellern die Eliminierung von kritischen Substanzen in elektronischen Geräten. Fester Bestandteil ihrer weltweiten Kampagne ist ein Unternehmensvergleich, der jährlich publiziert wird und Wirkung zeigt: Unternehmen wie Apple haben reagiert und ihre Produkte umweltfreundlicher gestaltet. Wer will in der Öffentlichkeit schon als Umweltsünder gelten? Immer öfters werden Ranglisten von Beginn weg mit der Absicht erstellt, öffentlichen Druck auf ein Unternehmen auszuüben und so den eigenen Forderungen zum Durchbruch zu verhelfen. Natürlich wäre es falsch, jeder medial lancierten Forderung einfach nachzugeben. Vielmehr geht es darum, Ratings als Ausdruck von konkreten Erwartungen an ein Unternehmen oder eine Branche zu verstehen und dazu eine eigenständige Position zu erarbeiten.

Unternehmen können und müssen das Steuer selber in die Hand nehmen, indem sie sich fragen: Welche Ratings decken Themen ab, die für unser Unternehmen relevant sind? Und von wem werden wir automatisch einer Beurteilung unterzogen, ob wir es wollen oder nicht? In beiden Fällen lohnt sich die vertiefte Auseinandersetzung mit der Organisation und deren Anliegen. Ziel muss sein, dass die Leistung im Rating korrekt abgebildet werden.

Wer eine Top-Platzierung erreicht, kann dies in der eigenen Kommunikation nutzen. Gerade bei der Kundschaft kommen Ratings gut an, weil eine unabhängige Beurteilung eine deutlich höhere Glaubwürdigkeit geniesst, als wenn sich das Unternehmen selber auf die Schultern klopft. Besonders wertvoll sind natürlich renommierte Organisationen, die mit ihrer Arbeit ein neues Thema lancieren und entsprechende Diskussionen auslösen. So hat die Universität St. Gallen zum Beispiel ermittelt, wie stark einzelne Organisationen zum Gemeinwohl in der Schweiz beitragen, bestehend aus den vier Dimensionen Aufgabenerfüllung, Zusammenhalt, Lebensqualität und Moral. Entstanden ist eine Rangliste, zusammengefasst im “GemeinwohlAtlas” – mit zum Teil überraschenden Ergebnissen: Mehrere Schweizer Unternehmen haben sich noch vor etablierten Nichtregierungsorganisationen platziert wie dem Schweizerischen Roten Kreuz oder dem WWF. Die Leistung verantwortungsvoll agierender Unternehmen wird also durchaus anerkannt. Diese Wertschätzung lässt sich sehr gut nutzen, zum Beispiel in der Mitarbeiterkommunikation.

Apropoz Kommunikation: Viele Unternehmen sind sich zu wenig bewusst, wie Ratings zu Stande kommen. Nur wenige Organisationen holen die nötigen Informationen direkt bei den Betroffenen ein. In den meisten Fällen basiert das Rating auf öffentlich zugänglichen Daten. Wer seine sozialen und ökologischen Leistungen nicht oder zu wenig kommuniziert, wird kaum mit einer guten Platzierung rechnen können. Oder anders gesagt: Wer wahrgenommen werden will, muss in die Kommunikation investieren. Dazu gehören zum Beispiel nachvollziehbare Basisinformationen auf der Website sowie Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen mit Bezug zur eigenen Tätigkeit, zum Beispiel bei einem Skandal um falsche Bioware. Wer einen Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsbericht hat, kann ebenfalls punkten. Sie stellen den sozialen und ökologischen Leistungsausweis in den Gesamtkontext des Unternehmens. Aber genügt es wirklich, wenn Unternehmen “nur” besser kommunizieren? Ratings wirken oft nach innen, weil sie eine ehrliche Standortanalyse erzwingen. Und fast immer zeigt sich, dass bei den Leistungen Optimierungspotenzial besteht, gerade auch im Vergleich zur Konkurrenz. Hier gilt es, identifizierte thematische Lücken zu schliessen oder sich neue ehrgeizige Ziele zu setzen. Die Analyse von qualitativ hochstehenden Ratings eignen sich darüber hinaus auch als Gradmesser für Zukunftsthemen.

Die Migros setzt sich bewusst mit Ratings und Ranglisten auseinander, um die Erwartungen ihrer Stakeholder noch besser zu verstehen, sich mit anderen Unternehmen zu vergleichen und Zukunftsthemen zu identifizieren. Dieser kontinuierliche Verbesserungsprozess verliert seine Gültigkeit auch bei einer Top-Platzierung nicht, im Gegenteil: Die unabhängige Ratingagentur Oekom Research aus München kommt zum Schluss, dass die Migros die nachhaltigste Händlerin der Welt ist. Untersucht hat sie 140 Händler weltweit anhand von 100 sozialen und ökologischen Kriterien. Der Spitzenplatz beim Oekom Rating 2015 ist eine willkommene Wertschätzung für die tägliche Arbeit der Mitarbeitenden. Gleichzeitig motiviert die Top-Platzierung die Mitarbeitenden und Entscheidungsträger, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu gehen und neue Pionierleistungen im Handel zu erbringen. Gerade weil Ratings wertvolle Treiber für mehr Unternehmensverantwortung sind, sind sie als Chance zu sehen.

(Der Kommentar erschien zuerst in der Lebensmittel Zeitung.)


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