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Ruhestandsvorbereitung

Autor des Beitrags: Dipl.-Ing. Wolfgang SchieleRuhestands- und Übergangscoach, Seminarleiter zu Themen der Generation 50plus


Ruhestandsvorbereitung in Unternehmen umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, den Übergang der Mitarbeiter vom Beruf in den Ruhestand (Altersrente, Pension) zu begleiten und zu unterstützen. Ziel ist es, den Arbeitnehmer, der sich viele Jahrzehnte für das Unternehmen engagiert und mit den fachlichen, sozialen und prozessualen Elementen seiner Arbeit identifiziert hat, auf einen harmonischen Übergang in seinen Ruhestand vorzubereiten. Dabei bilden arbeitsplatzbezogene, materielle und psychologische Leistungen und Hilfen den Schwerpunkt.

1. Ausgangssituation

Die zahlenmäßig enorm große Anzahl der berufsausscheidenden Babyboomer wird durch die Kohorte der frühgesetzlich und abschlagsfrei in Rente gehenden Mitarbeiter in den nächsten Jahren pro anno um weitere 300.000 bis 450.000 Menschen zulegen. Einerseits werden diese Fachkräfte der Wirtschaft und Verwaltung praktisch ersatzlos und weitgehend alternativlos entzogen. Andererseits vollzieht sich für diese Mitarbeiter, die weitgehend arbeitsfähig und -willig sind, ein abrupter und unvorbereiteter Übergang in eine „Späte Freiheit“ von statistisch betrachtet mehr als 20 Jahren Lebenserwartung bei immer besserer persönlicher Gesundheit und geistiger Flexibilität.

2. Unternehmerische Verantwortung für den Changeprozess

Das Unternehmen trägt postpersonale Verantwortung für den Mitarbeiter: hat es ihn beim Eintritt in das Unternehmen, bei der Einrichtung des Arbeitsplatzes, bei seiner Einarbeitung, in seiner Karriereentwicklung und Fortbildung unterstützt, so steht es mindestens in einer moralischen Pflicht, für Maßnahmen auch bei dessen Austritt aus dem Berufsleben zu sorgen; wenn nicht sogar ein zwingender normativer Anspruch auf diese Übergangsleistungen besteht.

a) Psychologische Vorbereitung

Der (übergangslose) Eintritt in den Ruhestand bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Verlust an sozialem Status, an persönlicher Identität, an entwickelten Rollen, Aufgaben und Verantwortung („psychologischer Trauerfall“). Bisherige berufliche Anforderungen können in bore-out-Syndrome, Anpassungsstörungen, Ängste und sogar Depressionen umschlagen. Seminare, Workshops und (Team)Coachings sollen neue Ziele und Perspektiven für die Zeit nach dem Beruf aufzeigen.

b) Arbeitsplatzbezogene Regelungen

Die Einführung von Modellen des sanften Übergangs in den Ruhestand wird für den Arbeitgeber profitabel und ist für den Arbeitnehmer finanziell vorteilhaft. Als Beispiele dienen Beschäftigungs-angebote mit stufenweise reduzierter Arbeitszeit, die Einrichtung altersgerechter Arbeitsplätze, Tätigkeitsangebote als Mentoren zur Wissensübergabe und –vermittlung an Mentees oder Arbeitsplatznachfolger („Space cowboys“ – Daimler Senior Experts), Mitwirkungen in Beiräten und Fachgremien, Integrationsprojekte zwischen der „Generation Y“ und den Ausscheidenden …

c) Beschäftigungsmodelle

Eine erhöhte Flexibilität bei der freien Wahl des Austrittstermins aus dem Unternehmen hält insbesondere die Erfahrungsträger länger im Unternehmen. Jeder Mitarbeiter kann individuell entscheiden, wie lange und mit welchem Arbeitseinsatz er seinem Beruf weiter nachgeht. Gefordert sind hier u. a. der Gesetzgeber und die Tarifparteien, die die Rahmenbedingungen für die Anrechnung von zusätzlich erworbenen Rentenpunkten, die steuerliche Behandlung der Einkünfte und den Status des Beschäftigungsverhältnisses im Vergleich zu Nichtrentnern etc. zu klären haben.

3. Literatur

  • Robert Atchley, „Sociology of retirement“ (Soziologie des Ruhestandes) 1976
  • Lars Baus, „Nach dem Job. Ein Selbsthilfe-Buch für den Übergang in die dritte Lebensphase“ (Piper: München, Zürich 2010)
  • Lea Riedl, „Der Ruhestand als Krise“, Diplomica Verlag Hamburg, 2012
  • Dr. Helmut Fuchs, „Human Capital – Die wahren Herausforderungen moderner Unternehmen“ in „Zukunft Training“ 08/2014
  • Andreas Mergenthaler, Studie des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung „Ältere Menschen heute aktiver denn je“ in „Portal des Bundes und der Länder“ vom 5.11.2014
  • Andre Tauber, „Deutsche Firmen taumeln ins Demografiedesaster“ in „Die Welt“ vom 28.12.2014

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