CSR-Wissen Finanzen & Investment Kapitalismus

Conscious Capitalism

Autorin des Basisbeitrags: Susanne Veldung, M.Sc., Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für BWL und Marketing der Julius-Maximilians-Universität Würzburg


1) Grundverständnis

Bei dem Begriff Conscious Capitalism handelt es sich um eine holistische und integrative Unternehmensphilosophie aus dem US-amerikanischen Raum, welche die Verbundenheit zwischen Wirtschaft und Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt. Im konkreten Fall sollen für die Unternehmung durch die Verfolgung sozialer und ökologischer Interessen Gewinne entstehen, wodurch sowohl das Gemeinwohl als auch das Eigenwohl gesteigert wird. Dies gelingt – laut der Initiatoren John P. Mackey und Rajendra S. Sisodia – über die Integration von vier miteinander verbundenen und ineinandergreifenden Säulen. Diese Aspekte werden mit den Begriffen Higher Purpose, Stakeholder Orientation, Conscious Leadership und Conscious Culture versehen. Dabei ist ein Conscious Business ein Unternehmen, das die vier Säulen des Conscious Capitalism implementiert. Dementgegen wird unter dem Begriff Conscious Capitalism auch das Ökosystem – welches die Conscious Businesses umgibt – verstanden.

2) Hintergrund und Zielsetzung

Somit heben die Autoren die Bedeutung des marktwirtschaftlichen Kapitalismus als Wirtschaftsform hervor, denn hierdurch würden Innovation, soziale Kooperation sowie darüber schließlich der menschliche Fortschritt und Wohlstand gefördert. Dies gelinge durch die Grundhaltung „creating value for each other”, wobei der geschaffene Wert über den freiwilligen Austausch zu beiderseitigem Nutzen zwischen den Parteien – z. B. Unternehmen und Gesellschaft – verteilt würde. Jedoch bestünde die Problematik im derzeitigen Kapitalismusverständnis in der Fokussierung auf rein monetäre Werte in Form von Profitmaximierung. Hieraus würden sich unethische und skandalöse Geschäftspraktiken ergeben, die nicht in Einklang mit den gesellschaftlichen Werten stünden und lediglich auf kurzfristige Erfolge ausgerichtet seien. Daher fordern Mackey und Sisodia die Formulierung eines neuartigen Kapitalismusverständnisses, das auf einem ethischen Fundament gründet. Mit Hilfe dieses Ansatzes sollen sich Unternehmen verstärkt auf ihren eigentlichen Unternehmenszweck konzentrieren, ihre Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigen und die Beziehung zu den mit der Unternehmung verbundenen Personengruppen pflegen. Aufgrund der darüber gesteigerten Leistungsfähigkeit der Conscious Businesses, sehen die Autoren im Conscious Capitalism die zukünftige vorherrschende Wirtschaftsform.

3) Vier-Säulen-Modell

Für die erfolgreiche Umsetzung des Conscious-Capitalism-Konzepts und die Realisierung der entsprechenden Vorteile auf Unternehmensebene müssen die miteinander verbundenen Aspekte Higher Purpose, Stakeholder Orientation, Conscious Leadership und Conscious Culture in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden. Die Elemente sollten harmonisch ineinandergreifen und sich gegenseitig stützen.

Higher Purpose

Innerhalb des Conscious-Capitalism-Konzepts kommt dem Higher Purpose eine elementare Rolle zu, weil sich die drei weiteren Säulen auf die darin formulierten fundamentalen Ideen beziehen. Somit stellt der höhere Zweck den Existenzgrund der Unternehmung dar, welcher sich an höheren menschlichen Idealen orientiert. Im Rahmen dieser ersten Säule wird also ein Zweck mit Kernwerten angestrebt, der das Leben der Personen verbessert und somit für diese Wert schafft. Darüber sollen die Stakeholder-Gruppen inspiriert und motiviert werden, wobei gleichzeitig eine reine Fokussierung auf Gewinn vermieden werden soll.

Stakeholder Orientation

Diese Personengruppen stehen daher in engem Austausch mit der Unternehmung und befinden sich in einem interdependenten Netz aus Beziehungen – wie es in Säule zwei festgehalten wird. Als wichtigste Stakeholder nennen Mackey und Sisodia Kunden, Mitarbeiter, Partner, Investoren, die Gesellschaft und die Umwelt, für die simultan Wert – im Sinne einer Win6-Situation – geschaffen werden soll. Dies gelingt, indem die Bedürfnisse und Wünsche der Gruppen harmonisiert und auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet werden. Insgesamt handelt es sich bei den voneinander abhängigen und zusammenhängenden Gruppen somit um ein Ökosystem, in welchem die Unternehmung agiert und im Umkehrschluss durch eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz profitiert.

Conscious Leadership

Dieses Ökosystem aus Unternehmung und Stakeholdern gilt es durch qualifizierte Führungskräfte mit speziellen Fähig- und Fertigkeiten – die sich zudem als Diener des Purpose und der Stakeholder verstehen – zu steuern. Auf Basis dieser Grundhaltung entwickeln Conscious Leader den Wunsch, aktiv die Zukunft mitzugestalten, die Leidenschaft zu teilen und andere Individuen für ihre Vision zu begeistern. Hierfür führen Mackey und Sisodia vier Intelligenzarten an: Analytische, emotionale, spirituelle und systematische Intelligenz. Der Führungsstil soll darauf aufbauend ausdrücklich durch den kommunizierten Zweck der Unternehmung geprägt werden, wodurch die Mitarbeiter Mentoring, Motivation, Entwicklung und Inspiration erfahren sollen. Darin drückt sich der dritte Aspekt des Conscious Leadership aus, welcher wiederum mit der letzten Säule in enger Verbindung steht.

Conscious Culture

Diese vierte Säule entwickelt sich einerseits aus den drei vorherigen und andererseits beeinflusst sie diese im Gegenzug. Hier finden sich Werte, Prinzipien und Praktiken, welche auch als soziales Gewebe der Unternehmung bezeichnet werden können und mit den drei anderen Aspekten in Einklang stehen sollten. Generell handelt es sich bei der Unternehmenskultur um eine kraftvolle, aber z. T. schwer greifbare Macht, mit der trotzdem sehr bewusst umgegangen werden sollte. Daher liegen hier spezielle Werte zugrunde, die unter dem Akronym TACTILE (Trust, Accountability, Caring, Transparency, Integrity, Loyalty, Egalitarianism) zusammengefasst werden. Daraus ergibt sich wiederum ein Management-Ansatz, der mit der beschriebenen Kultur vereinbar ist und auf den Prinzipien Dezentralisierung, Befähigung, Innovation und Kollaboration fußen sollte.

Über diese vier Säulen lässt sich eine ganzheitliche und langfristige Organisation und Gestaltung im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung durchführen.

4) Ausgewählte Literatur:

  • Mackey, J. P. (2010): Creating a New Paradigm for Business, in: Strong, M.; Mackey, J. P. (Hrsg.): Be the Solution – How Entrepreneurs and Conscious Capitalists Can Solve All the World’s Problems, Wiley, New Jersey, S. 73-113.
  • Mackey, J. P. (2011): What Conscious Capitalism Really Is, California Management Review, 53. Jg. (3), S. 83-90.
  • Mackey, J. P.; Sisodia, R. S. (2013): Conscious Capitalism – Liberating the Heroic Spirit of Business, Harvard Business Review Press, Boston.
  • Sisodia, R. S. (2011): Conscious Capitalism: A Better Way To Win, California Management Review, 53. Jg. (3), S. 98-109.
  • Sisodia, R. S. (2013): Understanding the Performance Drivers of Conscious Firms, California Management Review, 55. Jg. (3), S. 87-96.
  • Sisodia, R. S.; Sheth, J. N.; Wolfe, D. (2014): Firms of Endearment – How World-Class Companies Profit from Passion and Purpose, 2. Aufl., Pearson Education, Upper Saddle River.

5) Links:

  • https://www.consciouscapitalism.org/

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