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CO2-Kompensation im Test

Flugreisen sind eines der größten Probleme beim Klimaschutz. Das ändert allerdings nichts an den stetig steigenden Beförderungszahlen im Flugverkehr. Freiwillige CO2-Kompensation ist eine Möglichkeit, den Schaden wenigstens auszugleichen. Die Stiftung Warentest hat sechs Anbieter unter die Lupe genommen.

Berlin (csr-news) > Rund 5,8 Millionen Tonnen CO2 verursachen alleine die jährlichen Urlaubsflüge der Deutschen auf die Kanarischen Inseln. Nur ein kleiner Ausschnitt der jährlichen Ferienflüge. Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Bangkok verursachen rund 5,5 Tonnen CO2 – pro Fluggast. Im Durchschnitt kommt ein Deutscher pro Jahr auf einen CO2-Ausstoß von rund 11 Tonnen. Einen großen Anteil daran machen Heizung und Strom aus, außerdem die Ernährung sowie Mobilität. Deutschland liegt damit international im Mittelfeld.

Die dadurch entstehende Klimabelastung lässt sich durch freiwillige Kompensationszahlungen ausgleichen, indem die Anbieter von Kompensationszahlungen die Gelder in Klimaschutzprojekte investieren. Im Vergleich mit den Belastungen ist das Geschäft mit den Kompensationszahlungen noch auf einem niedrigen Niveau. Bezogen auf das Jahr 2016, haben die sechs getesteten Organisationen im Geschäft mit Privatkunden rund 170.000 Tonnen CO2 kompensiert. Ein großer Teil davon entfällt alleine auf den Anbieter Atmosfair, der zugleich als Testsieger aus der Untersuchung hervorging.

Qualität der Kompensation ausschlaggebend

Von den sechs Anbietern, die Finanztest unter die Lupe genommen hat, schneiden drei sehr gut (Atmosfair, Klimakollekte, Primaklima) ab, ein weiterer ist gut (my climate). Zwei bekommen nur das Qualitätsurteil Ausreichend (Klimamanufaktur, Arktik), weil die Qualität der Kompensation nicht zufriedenstellend ist und die Transparenz nur mangelhaft. Alle sechs Anbieter wenden sich mit ihrem Angebot auch an Privatkunden. Die unterschiedlichen Preise der einzelnen Organisationen – diese reichen von 5 Euro pro Tonne CO2 bis 23 Euro – wurden für das Testergebnis nicht berücksichtigt. Entscheidend für das Testurteil war vor allem die Qualität der Kompensation. Die besten Noten gab es für Projekte, die nach dem Gold-Standard (CER) ausgestellt sind, einem Gütesiegel für Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern. An zweiter Stelle floss die Transparenz mit einem Anteil von 20 Prozent ins Ergebnis mit ein. Ausschlaggebend war dafür die Offenlegung der Finanzen, möglichst mit Vorjahresvergleichen. So wurde beispielsweise die Veröffentlichung des Verwaltungs- und Werbeanteils positiv bewertet, ebenso wie Angaben über die konkreten Fördersummen.

Entwicklungshilfe statt Aufforstung

Schwerpunkt der Förderprogramme der meisten getesteten Anbieter liegen auf der Förderung von erneuerbaren Energien oder Energieeffizienz in Entwicklungsländern. Häufig leisten die Organisationen neben der finanziellen Förderung auch Aufbauhilfe und Unterstützung vor Ort. So versorgt Atmosfair afrikanische Haushalte in Ruanda mit effizienteren Öfen. Ein großer Teil der Bevölkerung kocht mit Holzkohle und Feuerholz, mit der Folge, dass in Ruanda mehr Feuerholz geschlagen wird als nachwachsen kann. Auch die Klimakollekte kombiniert Klimaschutz mit Armutsbekämpfung. Neben Solarprojekten und Biogasanlagen werden ebenfalls Kochstellenprojekte in Indien und einigen Ländern Afrikas unterstützt. Einen anderen Weg geht Primaklima und setzt die Kompensationsgelder vor allem für Aufforstungsprojekte ein, beispielsweise in Uganda und Bolivien. Doch Aufforstung als CO2-Kompensation ist umstritten, unter anderem weil Bäume, wenn sie verwertet werden, dass zunächst gespeicherte CO2 wieder freisetzen. Doch Primaklima unterstützt nach eigenen Angaben nur Projekte, deren Baumbestand dauerhaft besteht. Zudem gilt: Ist der Wald ausgewachsen und kann kein weiteres CO2 binden, werden keine neuen Zertifikate mehr vergeben.

Kein Freibrief für Klimasünder

Für ein positives Testurteil war zudem ausschlaggebend, dass durch die Kompensationsprojekte kein Schaden an anderer Stelle entsteht. Dies sei etwa bei großen Wasserkraftwerken der Fall, so die Tester. „Sie erzeugen klimafreundlichen Strom, schaden aber erheblich der Natur und beim Bau werden oft Menschenrechte verletzt.“ Kompensationsprojekte sollen einen zusätzlichen Nutzen bringen, deshalb seien sie auch nur in Ausnahmefällen in Industrieländern angesiedelt.

Neben der Qualität der Kompensationsprojekte haben sich die Tester auch die Transparenz der Organisationen angeschaut. Im Urteil berücksichtigt wurde beispielsweise eine externe Prüfung und der Anteil der Verwaltungs- und Werbekosten. Dabei kann myclimate mit einem Anteil von sechs Prozent das beste Ergebnis erzielen. Atmosfair braucht rund zehn Prozent der Gelder und bei der Klimamanufaktur sind es sogar 30 Prozent. Allerdings sei die Firma erst seit 2014 am markt und noch im Aufbau. Pluspunkte gab es zudem für Hinweise auf die Vermeidung von CO2. Kompensation soll kein Freibrief für Klimasünder sein, sondern die Einsparung von CO2 sollte immer an erster Stelle stehen.

Die Ergebnisse (Quelle: Stiftung Warentest):

Atmosfair

Atmosfair, gegründet 2005, entstand als Initiative des Verbands Forum Anders Reisen und der Organisation Germanwatch. 2016 betrugen die Einnahmen der gemeinnützigen Gesellschaft 4,2 Millionen Euro. Atmosfair ist an der Entwicklung eigener Projekte sowohl mit Know-how als auch mit Kapital beteiligt. Schwerpunkte liegen auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Preis pro Tonne CO2: 23,00 Euro

Test-Urteil: Sehr gut

KlimaKollekte

Die gemeinnützige Gesellschaft Klima-Kollekte, gegründet 2011, nennt sich selbst „Kirchlicher Kompensationsfonds“ und wird unter anderem getragen von der Evangelischen Kirche in Deutschland, Brot für die Welt und Misereor. 2016 hat die Klima-Kollekte 0,5 Millionen Euro eingenommen. Die Organisation unterstützt Projekte aus den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Preis pro Tonne CO2: 23,00 Euro

Test-Urteil: Sehr gut

Primaklima

Primaklima wurde 1991 gegründet und ist der älteste Anbieter im Test. 2016 hat der gemeinnützige Verein 1,5 Millionen Euro eingenommen. Primaklima beteiligt sich an der Entwicklung der CO2-Kompensationsprojekte mit eigenem Know how. Der Verein unterstützt ausschließlich Projekte zum Thema Wald.

Preis pro Tonne CO2: 15,00 Euro

Test-Urteil: Sehr gut

myclimate

Myclimate Deutschland, gegründet im Jahr 2009, ist gemeinnützig und eine hundertprozentige Tochter der Schweizer Stiftung Myclimate. Dorthin fließt das gespendete Geld. 2016 nahm der Gesamtkonzern 12,1 Millionen Euro ein. Die Schweizer Stiftung Myclimate kauft Zertifikate und beteiligt sich finanziell an Projekten. Schwerpunkte liegen auf erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Preis pro Tonne CO2: 22,00 Euro

Test-Urteil: Gut

KlimaManufaktur

Die nicht gemeinnützige Klimamanufaktur wurde erst 2014 gegründet und ist der jüngste Anbieter im Test. Die Einnahmen 2016 beliefen sich auf 0,1 Millionen Euro. Im Programm sind Projekte zum Energiesparen und mit erneuerbaren Energien. Die Klimamanufaktur unterstützt die Projektentwicklung mit Know-how.

Preis pro Tonne CO2: 5,00 – 12,00 Euro

Test-Urteil: Ausreichend

Arktik

Arktik wurde 2008 gegründet. 2016 nahm die nicht gemeinnützige Gesellschaft 0,5 Millionen Euro ein. Arktik entwickelt keine eigenen Projekte, sondern kauft hauptsächlich Zertifikate von Projekten aus den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Wald.

Preis pro Tonne CO2: 15,00 Euro

Test-Urteil: Ausreichend


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