CSR-Wissen Lieferkette Nachhaltigkeitsmanagement

Lieferkette (nachhaltige)

Autor des Beitrags: Achim Halfmann, Geschäftsführer bei CSR NEWS


Ein erfolgreiches Lieferkettenmanagement ist Voraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum – und dehnt zugleich den unternehmerischen Verantwortungsbereich erheblich aus: Die Verfügbarkeit und Qualität von Ressourcen und Produkten, Innovationspotential und Kostenstruktur sowie Reputationswerte und –risiken hängen am Lieferkettenmanagement. Lieferketten umspannen die ganze Welt; nicht selten besteht ein Produkt aus Materialien und Halbfertigteilen, die um den ganzen Globus gereist sind. Dabei tragen Unternehmen eine Mitverantwortung für Arbeits- und Umweltauswirkungen der Produktion dieser Waren. Katastrophen wie der Einsturz eines Fabrikkomplexes in Bangladesch mit über 1.100 Toten im Jahr 2013 haben die Öffentlichkeit ebenso für diesen Bereich unternehmerischer Verantwortung wie etwa das Engagement von Umweltschutzorganisationen zu Themen wie der Urwaldzerstörung durch die Palmölproduktion in Südostasien.

1. Soziale Verantwortung

In Bezug auf die soziale Verantwortung lassen sich vielseitige Herausforderungen identifizieren:

  • Arbeitsstättensicherheit (z.B. Textilfabriken in Bangladesch);
  • Arbeitsschutz (z.B. Umgang mit Chemikalien bei Asiens Ledergerbern);
  • Arbeitszeit (z.B. in Asiens Elektronikindustrie);
  • Compliance (z.B. Bestechungsgeldzahlungen);
  • Diskriminierung (z.B. homosexueller Menschen in Ostafrika);
  • Kinderarbeit (z.B. auf westafrikanischen Kakaoplantagen);
  • Löhne (sogenannte „living wages“ sind in vielen Länder Afrikas und Asiens ein Thema);
  • Versammlungsfreiheit (die etwa in China nicht vorgesehen ist);
  • Zwangsarbeit ( etwa in Form des Sumangali – Brautgelderwerb – in Indien).

2. Ökologische Verantwortung

Im Zuge der Globalisierung haben Unternehmen Umweltbelastungen ausgelagert: Während etwa in Deutschland die Wasserqualität eine deutliche Verbesserung erlebt hat, belastet die industrielle Produktion heute Gewässer in Asien. Zur ökologischen Verantwortung zählen

  • Anlagensicherheit (verbindet sich für viele mit der Chemie-Katastrophe im indischen Bhopal im Jahr 1984);
  • Klima (hier steht insbesondere die Logistik im Fokus);
  • Landnutzung (Konflikte werden aus aller Welt gemeldet, etwa bei der Erschließung von Kaffeeplantagen in Afrika);
  • Ressourcen (z.B. die Reduzierung der Biodiversität durch großflächige einseitige Landnutzung);
  • Schadstoffe (etwa die Diskussion um den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft);
  • Wasser (Wasserverbrauch spielt ebenso in der Landwirtschaft eine große Rolle – etwa beim Baumwollanbau).

3. Beschaffungsstufen

Zudem lassen sich Umwelt- und Sozialrisiken nach Beschaffungsstufen betrachten:

  • Rohwaren (z.B. Baumwollanbau);
  • Verarbeitung (z.B. Textilproduktion);
  • Verpackung (z.B. Verpackungsmüll);
  • Transport (z.B. CO2-Ausstoß).

4. Lieferkettenmanagement

Ein nachhaltiges Lieferketten lässt sich nur gemeinsam mit der Einkaufsabteilung umsetzen. Wesentlich erleichtert und gefördert wird es durch langfristige Lieferantenbeziehungen.

  • Analyse (z.B. des Länder- und Branchenrisikos);
  • Strategie- und Maßnahmenplanung (z.B. Beschaffungsrichtlinien und Verhaltenskodizes);
  • Umsetzung (z.B. durch Lieferantenselbstbewertungen, Audits, Zertifikate und Lieferantenschulungen);
  • Monitoring & Reporting (z.B. durch entsprechende Indikatoren und deren Aufnahme in den Nachhaltigkeitsbericht).

4. Regulierung & Standards

Eine wachsende Zahl an Regulierungen und Standards verpflichten Unternehmen und erleichtern zugleich die Orientierung in Bezug auf ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement. Dazu zählen insbesondere:

  • UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UN Guiding Principles on Business and Human Rights), auch “Ruggie Framework” genannt (zur Reichweite der unternehmerischen Verantwortung für die Wahrung der Menschenrechte);
  • ILO-Kernarbeitsnormen (darunter das Verbot der Zwangsarbeit, der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf sowie die Einhaltung von eines Mindestalters für Beschäftigte und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit);
  • UN-Kinderrechtskonvention (Convention on the Rights of the Child);
  • ISO Standards zu Qualitäts-, Umwelt und Energiemanagement DIN EN ISO 9001, 14001, 50001;
  • SA8000 (internationaler Standard zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen);
  • Global Compact der Vereinten Nationen oder UN Global Compact (UNGC) (benennt zehn universell anerkannte Prinzipien, auf die sich Unternehmen verpflichten und zu deren Umsetzung diese Unternehmen berichten).

5. (Branchen-) Initiativen

Viele Herausforderungen in der Lieferkette lassen sich nicht von einzelnen Unternehmen lösen. Hier greifen Brancheninitiativen und branchenübergreifende Initiativen, als Multistakeholder-Organisationen (Runde Tische) oder als Industrieinitiativen organisiert. Die Beispiele für solche Lieferketten-Initiativen sind vielfältig, dazu zählen:

  • Better Cotton Initiative (BCI) – Multistakeholder-Initiative im Baumwollsektor;
  • Business Social Compliance Initiative (BSCI) – Initiative des Handels;
  • Electronic Industry Citizenship Council (EICC) – Lieferketten-Initiative der Elektronikindustrie;
  • Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) – Transparenz-Initiative der Öl-, Gas- und Minenindustrie;
  • FLA Workplace Code of Conduct für faire Arbeitsbedingungen;
  • Global e-Sustainability Initiative (GeSI) – Verantwortungsinitiative der Informations- und Telekommunikationsbranche;
  • GlobalG.A.P. im Agrarsektor;
  • Global Social Compliance Programme (GSCP) – Industrie-Initiative zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsstandards in der Lieferkette;
  • ICTI CARE Process der Spielwaren-Industrie;
  • Pharmaceutical Supply Chain Initiative (PSCI) der Pharmaindustrie;
  • Roundtable for Sustainable Palmoil (RSPO) im Palmölsektor;
  • Sustainable Agriculture Initiative (SAI) im Agrarsektor
  • Sustainable Natural Rubber Initiative (SNR-I) im Sektor natürliches Gummi/Kautschuk;
  • Together for Sustainability (TfS) der chemischen Industrie.

6. Digitale Plattformen und Software

Das nachhaltige Management der Lieferkette erleichtern zahlreiche digitale Plattformen und Software-Angebote. Diese zielen u.a. darauf ab, Unternehmen Nachhaltigkeitsinformationen zu Lieferanten verfügbar zu machen. Zu nennen sind bei Software- und Plattformlösungen z.B. Achilles, EcoVadis, Electronics – Tool for Accountable Supply Chains (E-TASC); Fair Factories Clearinghouse, Intertek GSM, NQC, Sedex, SupplyShift und WRAP Factory Certification.

7. Reporting

Umfangreiche Dokumentationspflichten zur Lieferkette ergeben sich im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung. So werden diese etwa durch die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) abgefragt. Der aktuelle Standard GRI 4 enthält spezifische, die Lieferkette betreffende Indikatoren. Unterzeichner des UN Global Compact werden zudem im Rahmen ihres Fortschrittsberichtes (Communication on Progress – COP) zur Lieferkettenverantwortung berichten.

8. Transparenz

Eine besondere Aufmerksamkeit und eine kontroverse Diskussion erfährt das Thema “transparente Lieferketten”: Zu den Vorreitern zählt der Lebensmittelsektor, zu den Treibern zählen manche Handelsketten. Vorreiter gibt es unter den Markenunternehmen, so legt etwa PUMA seine Zulieferer offen. Plattformen wie respect-code.org erleichtern die transparente Darstellung von Lieferketten gegenüber Endverbrauchern. Andere Unternehmen argumentieren, dass in der Beherrschung der eigenen Lieferkette ein unverzichtbarer und nicht preiszugebender Wettbewerbsvorteil liege oder dass Lieferketten zu komplex für eine transparente Darstellung über den unmittelbaren Zulieferer (Tier 1) hinaus seien.

9. Literatur

  • B.A.U.M. e.V.: B.A.U.M.-Jahrbuch 2015: Nachhaltigkeit in der Lieferkette, München 2015
  • Winistörfer, Herbert u.a.: Management der sozialen Verantwortung in Unternehmen. Leitfaden zur Umsetzung. München 2012

10. Links

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