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Tierwohl-Initiative: Vom eigenen Erfolg überfordert

Mit der zu Jahresanfang gestarteten „Initiative Tierwohl“ wollen Handel, Landwirtschaft und Fleischwirtschaft Nachhaltigkeit in die Massentierhaltung bringen. Zuerst sollen die Schweine davon profitieren: Für die Umsetzung von Tierschutzkriterien in der Schweinehaltung interessieren sich nun so viele Landwirte, dass die zur Verfügung stehenden Mittel bei weitem nicht ausreichen.

Köln (csr-news) – Mit der zu Jahresanfang gestarteten „Initiative Tierwohl“ wollen Handel, Landwirtschaft und Fleischwirtschaft Nachhaltigkeit in die Massentierhaltung bringen. Zuerst sollen die Schweine davon profitieren: Für die Umsetzung von Tierschutzkriterien in der Schweinehaltung interessieren sich nun so viele Landwirte, dass die zur Verfügung stehenden Mittel bei weitem nicht ausreichen.

Das ist die Idee hinter der Tierwohl-Initiative: Bauern, die freiwillig bestimmte Tierschutzmaßnahmen ergreifen, werden finanziell unterstützt. Das Geld dafür stammt aus einem Fonds, in den große Handelsketten seit Anfang dieses Jahres vier Cent “Tierwohl-Beitrag” pro verkauftem Kilogramm Fleisch einzahlen. Die Umsetzung der Tierwohl-Kriterien soll von unabhängigen Auditoren geprüft und transparent gemacht werden. Schlachthöfe beteiligen sich, indem sie Nachhaltigkeitskriterien erheben und in eine gemeinsame Datenbank melden. Der Verbraucher erfährt davon zunächst wenig, denn es wird keine Kennzeichnung der Produkte teilnehmender Landwirte geben.

Zunächst soll das Angebot, für die Umsetzung von Tierwohl-Kriterien eine Förderung zu erhalten, den Schweinemästern zugutekommen, wenig später sollen die Geflügelhalter folgen. Nun gibt es ein Problem: Zu viele Landwirte sind an einer Teilnahme interessiert, die finanziellen Mittel reichen nicht.

Großes Interesse der Schweinehalter

Seit Anfang April konnten sich Landwirte für eine Teilnahme an der Initiative Tierwohl registrieren lassen. 4653 schweinehaltende Landwirte nutzten das, aber nur weniger als die Hälfte von ihnen werden in das Programm aufgenommen. Für mehr reicht das Geld nicht. Die meisten Interessenten landen auf einer Warteliste.

Für die 2142 zugelassenen Betriebe geht es nun mit einem Erstaudit weiter, bei dem überprüft wird, ob sie die angemeldeten Verbesserungen in der Schweinehaltung tatsächlich umsetzen. Zu den Grundanforderungen gehören die Durchführung von Stallklima- und Tränkewasserchecks. Zu den weiteren Verbesserungen zählen mehr Platz für die Tiere oder ständiger Zugang zu Raufutter.

Droht ein Vertrauensverlust?

Die an der Konzeption der Initiative beteiligte NGO Provieh fordert jetzt eine Aufstockung des Tierwohl-Fonds. Nach Überzeugung des Provieh-Vorsitzenden Prof. Sievert Lorenzen „würde die Initiative Tierwohl als eine kosmetische Greenwashing-Maßnahme der Privatwirtschaft entlarvt, wenn über die Vergütung der Tierwohlmaßnahmen jetzt das Los entscheiden sollte.“ Eine Nichtberücksichtigung der interessierten Tierhalter würde zu einem irreparablen Vertrauensverlust führen.

Provieh schlägt deshalb vor, die Abgabe pro verkauftem Kilogramm Fleisch von vier auf sechs oder acht Cent zu erhöhen. Zudem sollen bisher nicht teilnehmende Handelsketten ebenfalls zu einer Abgabe bewegt werden. Das seien die Metro, Globus, CITTI, Famila und Teile der Edeka. Auch Unternehmen der verarbeitenden Industrie sollten stärker beteiligt werden. Bisher rechnen die Initiatoren der Initiative mit 85 Millionen Euro Einnahmen für den Fonds in diesem Jahr.

Die interessierten Landwirte halten insgesamt 25,5 Millionen Schweine. Ins Programm aufgenommen wurden Betriebe mit zusammen zwölf Millionen Schweinen. In Deutschland werden rund 28 Millionen Schweine gehalten, die überwiegende Mehrheit der Schweinehalter ist also an einer Teilnahme an der Tierwohl-Initiative interessiert.

Kritikern der Initiative gehen deren Maßstäbe allerdings nicht weit genug. So hatte der Deutsche Tierschutzbund kritisierte, Tierhaltung müsse als Ganzes betrachtet werden, die Honorierung von „isoliert wählbaren Teilaspekten“ führe nicht unbedingt zu einem höheren Tierschutzniveau.

Die Initiative im Internet:
initiative-tierwohl.de


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